Die bürgerlichen Parteien sehen die geplante Lockerung des Arbeitsgesetzes für Tankstellenhops nicht als ersten Schritt zu längeren Öffnungszeiten. Es gehe lediglich darum, absurde Regeln abzuschaffen, sagten die Vertreter des Ja-Komitees am Freitag vor den Medien in Bern.
Die Änderung der Regeln über die Nacht- und Sonntagsarbeit im Arbeitsgesetz würde Tankstellenshops erlauben, künftig rund um die Uhr sämtliche Produkte aus ihrem Sortiment zu verkaufen. Die Shops könnten in der Nacht ohne Sonderbewilligung Personal beschäftigen, wenn das Warenangebot in erster Linie auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtet ist.
Gewerkschaften und kirchliche Organisationen haben dagegen das Referendum ergriffen. Dafür sehe er keinen Grund, sagte Christian Lüscher (FDP/GE), auf dessen Initiative das Parlament die Gesetzesänderung beschlossen hatte.
Die betroffenen Betriebe dürften schon heute nachts Personal beschäftigen, müssten aber einen Teil des Sortiments abdecken. Dass der Staat bestimme, welche Produkte nachts verkauft werden dürften, sei absurd. Es führe dazu, dass die Konsumentinnen und Konsumenten die Wahl hätten zwischen schwammiger Pizza und alten Sandwiches.
Bevormundung der Konsumenten
Das Argument der Gegnerinnen und Gegner, das nächtliche Einkaufen von rohen Eiern oder Bratwürsten entspreche keinem echten Bedürfnis, lässt Lüscher nicht gelten. Das sei, als ob der Staat bestimmen würde, wann ein Bedürfnis für sexuelle Aktivitäten zu bestehen habe.
Alois Gmür (CVP/SZ) sprach von einer Bevormundung, die einer freien Marktwirtschaft unwürdig sei. Solche bürokratischen Überregulierungen schwächten den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Kein Schritt zu längeren Öffnungszeiten
Die Befürchtung, dass bei einem Ja schweizweit 24-Stunden-Shops aus dem Boden schiessen, hält das überparteiliche Ja-Komitee für unbegründet. Betroffen seien nur Shops, die bereits heute durchgehend geöffnet haben dürften.
In urbanen Gebieten und an Autobahnen gebe es ein ausgewiesenes Bedürfnis, sagte Rosmarie Quadranti (BDP/ZH). Schichtarbeitende schätzten die Möglichkeit, ausserhalb der Geschäftszeiten kleinere Einkäufe tätigen zu können. An den meisten anderen Orten würde der notwendige Umsatz nicht erzielt.
Aus Sicht des Ja-Komitees hat die geplante Änderung des Arbeitsgesetzes auch nichts mit den parlamentarischen Vorstössen und Beschlüssen für eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten zu tun. Was diese Pläne betreffe, seien sich nicht alle auf dem Podium einig. Bei den Tankstellenshops dagegen schon.
Nachtarbeit als Chance
Dass künftig – wie die Gegner befürchten – mehr Angestellte nachts arbeiten müssten, wollen die Befürworter nicht ausschliessen. Sie gehen zwar nicht davon aus, hätten allerdings nichts dagegen einzuwenden, wie Martin Bäumle (GLP/ZH) sagte.
Roland Büchel (SVP/SG) sieht Nachtarbeit auch als Chance. Es gebe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gerne in der Nacht oder sonntags arbeiten möchten, gab er zu bedenken. Er selbst habe dies während seiner Studienzeit getan. Die flexiblen Arbeitsstellen von Tankstellenshops seien gerade für Studierende und Alleinerziehende besonders attraktiv. Die heutige Sortimentsbeschränkung dagegen gefährde Arbeitsstellen.
Das Ja-Komitee steigt mit dem Slogan «Bratwürste legalisieren» in den Abstimmungskampf. Das Plakat zeigt eine erhobene Hand mit einer Bratwurst. Eine grosse Kampagne ist laut Bäumle indes nicht geplant. Den Befürwortern stünden «einige Hunderttausend Franken» von Wirtschaftsverbänden zur Verfügung. Das Stimmvolk entscheidet am 22. September über die Änderung des Arbeitsgesetzes.