Der Kreml-kritische Radiosender Echo Moskwy fürchtet als eine der letzten Bastionen freier Meinungsäusserung in Russland um seine Zukunft. Auf Druck der staatlich kontrollierten Holding Gazprom-Media räumte Chefredaktor Alexej Wenediktow seinen Posten im Verwaltungsrat des Senders.
Er bleibe aber weiter als Chefredaktor im Amt, teilte Wenediktow am Dienstag mit. Knapp drei Wochen vor der Präsidentenwahl liess Kreml-Kandidat und Regierungschef Wladimir Putin von seinem Sprecher zurückweisen, dass die kritische Haltung des Senders Grund für den Wechsel im Verwaltungsrat sei.
Gazprom-Media, eine Firma der vom staatlichen Energieriesen Gazprom kontrollierten Gazprombank, ist mit 66 Prozent Hauptaktionär des Senders, der sonst den Journalisten und Wenediktow gehört.
Gazprom-Media liess den Wechsel im Aufsichtsrat als normalen geschäftlichen Vorgang darstellen. Ihre Posten räumen mussten demnach auch Vize-Chefredaktor Wladimir Warfolomejew sowie die unabhängigen Direktoren Jewgeni Jassin und Alexander Makowski. Das sei eine ungerechte und unehrliche Entscheidung gewesen, kritisierte Wenediktow.
Putin hatte sich bei einem Treffen mit Wenediktow im Januar ungewöhnlich derb über den Sender geäussert. „Bin ich etwa sauer auf Sie, wenn Sie mich von morgens bis abends mit Durchfall übergiessen“, hatte der Regierungschef gesagt.
Für alle wichtig
Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, dass „leider festgestellt werden muss, dass diese Kritik oft dominierend sei bei Echo Moskwy“. Gleichwohl sei dies nie ein Hindernis für ein sachliches Verhältnis zwischen dem Regierungschef und der Leitung des Senders gewesen. Er warnte davor, unternehmerische Entscheidungen in dem Sender mit der Politik in Verbindung zu bringen.
Dagegen waren Kreml-kritische Reporter und die Opposition von politischen Gründen überzeugt. Echo Moskwy teilte mit, an seiner redaktionellen Linie festhalten zu wollen.
Das Info-Radio gilt als eine der wichtigsten politischen Informationsquellen überhaupt in Russland. Medienexperten erklären das bisherige „Überleben“ des kremlkritischen Senders damit, dass auch die Staatsführung wissen wolle, was im Land tatsächlich gedacht werde.