Die Spannungen zwischen dem Sudan und dem Südsudan nehmen wieder zu. Der Sudan hat nach Angaben des südsudanesischen Militärgeheimdienstes ein Gebiet im Südsudan bombardiert und dabei mindestens einen Menschen getötet.
Zwei Kampfjets vom Typ MiG-29 hätten drei Bomben abgeworfen, erklärte der stellvertretende Direktor des südsudanesischen Militärgeheimdienstes, Mac Paul. Zwei Bomben landeten demnach in der Nähe einer Brücke, die die Städte Bentiu und Rubkona verbindet. Die dritte habe einen Markt in Rukona getroffen.
Es handle sich um eine „ernsthafte Eskalation und Verletzung südsudanesischen Territoriums“. Das sei eine „klare Provokation“, sagte Paul. Ein Sprecher des sudanesischen Militärs wies die Vorwürfe zurück. Sein Land habe den Südsudan nicht bombardiert.
Ein Reuters-Reporter vor Ort sagte, er habe gesehen, wie ein Kampfflugzeug zwei Bomben unweit einer Brücke zwischen Bentiu und dem Nachbarort Rubkona abgeworfen habe. „Ich kann brennende Marktstände in Rubkona im Hintergrund sehen und die brennende Leiche eines kleinen Kindes“, berichtete er.
Angeblich über 400 Todesopfer
Bereits am Sonntag waren – nach sudanesischen Angaben – beim Kampf um das umstrittene Ölfeld Heglig hunderte südsudanesische Soldaten getötet worden. In den Reihen des Gegners habe es 400 Todesopfer gegeben, sagte der sudanesische Präsidentenberater Nafie Ali Nafie am Sonntagabend.
Nafie gilt als einer der engsten Vertrauten von Staatschef Omar al-Baschir. Angaben zu Todesopfern unter den sudanesischen Soldaten machte er nicht. Heglig liegt an der nicht endgültig festgelegten Grenze zwischen dem Sudan und dem Südsudan, mehrere Teile des Ölfelds werden von beiden Staaten beansprucht.
Bei einem Besuch in Heglig kündigte Baschir am Montag die Fortsetzung militärischer Aktionen an, bis alle mit Südsudan verbündeten Kräfte aus dem Norden vertrieben seien. Ausserdem drohte er mit dem Sturz der Regierung des im vergangenen Jahr unabhängig gewordenen Nachbarlandes.
Kriegsgefahr doch nicht gebannt
Die seit Wochen anhaltenden Spannungen zwischen dem Sudan und seinem südlichen Nachbarn dürften sich damit wieder massiv verschärfen. Am Freitag schien es noch, als ob die Kriegsgefahr gebannt sei, nachdem der Südsudan auf internationalen Druck hin angekündigt hatte, seine Truppen wieder von dem Ölfeld Heglig abzuziehen.
Angefacht wird die Lage von Gebietsstreitigkeiten, ethnischen Vorurteilen und dem Streit darüber, wie viel Geld Südsudan – ein Land ohne eigene Küsten – dem Norden dafür zahlen muss, dass es sein Öl durch dessen Gebiet zur Lieferung an seine Abnehmer transportieren darf.
Der anhaltende Konflikt hat die Ölindustrie, auf die die beiden armen Länder angewiesen sind, nahezu völlig zum Erliegen gebracht. Auch wirkt noch der Bürgerkrieg nach, der bis auf wenige Unterbrechungen von 1955 bis 2005 dauerte und in dem etwa zwei Millionen Menschen starben.