Kriminalität in Basel: Das grösste Problem sind Kriminaltouristen, auch bei den Jugendlichen

Die Basler Staatsanwaltschaft hat die Kriminalstatistik 2013 präsentiert. Insgesamt wurden weniger Straftaten angezeigt als im Jahr zuvor. Am meisten Sorgen machen den Ermittlern die Kriminaltouristen.

Sie haben die Zahlen im Blick: Beat Burkhardt, Thomas Homberger und Beat Voser von der Staatsanwaltschaft Basel. (Bild: Nils Fisch)

Die Basler Staatsanwaltschaft hat die Kriminalstatistik 2013 präsentiert. Insgesamt wurden weniger Straftaten angezeigt als im Jahr zuvor. Am meisten Sorgen machen den Ermittlern die Kriminaltouristen.

Die Präsentation der Basler Kriminalstatistiken ist ein anstrengender Termin. Für die Journalisten, weil sie mit Zahlen und bunten Grafiken überhäuft werden, die anschliessend vernünftig aufbereitet und gewichtet sein wollen. Für die Staatsanwaltschaft (Stawa), weil der Erkläraufwand zu den Datenbergen so gross ist wie die Gefahr falscher Interpretationen.

Mich interessieren nur (Link zum entsprechenden Absatz):
die Betäubungsmittel-Verstösse. die Kriminaltouristen.
die Jugendstraftäter.

Beat Voser, Chef der Kriminalpolizei, ist denn auch bemüht, seine Zahlen von Beginn an in einen grösseren Kontext zu stellen: «Statistiken sind nur dann interessant, wenn man länger- und mittelfristige Entwicklungen betrachtet.» Er stellt deshalb die Zahlen aus dem letzten Jahr immer auch in den Zusammenhang mit denjenigen von 2008.

Weniger Anzeigen als 2012

So ist beispielsweise die Zahl der Anzeigen – und nur darauf beziehen sich die Zahlen, wie viele Straftaten sich tatsächlich zutragen, weiss man nicht genau – gegenüber 2012 um 10 Prozent zurückgegangen. Das entspricht einem Total von 27’462 Anzeigen. Im 2008 waren es jedoch rund 4000 weniger, was bedeutet, dass die Anzeigen in den letzten sechs Jahren um fast 18 Prozent zugenommen haben. Voser stellt deshalb auch klar, dass man sich keineswegs zurücklehnen dürfe. «Wir haben unsere Prioritäten richtig gesetzt, sind aber noch lange nicht am Ziel angelangt.»

Dreiviertel aller Straftaten gegen das Strafgesetzbuch sind sogenannte Vermögensdelikte, darunter fallen etwa Diebstahl, Einbruch und Sachbeschädigung. Auch diese Zahl hat zwar gegenüber 2012 abgenommen (um 12 Prozent) ist im langjährigen Vergleich jedoch gestiegen (um 18 Prozent). Diebstähle machen mehr als die Hälfte aller Straftaten gegen das Vermögen aus, zusammen mit den Fahrzeugdiebstählen sogar fast 70 Prozent.




Beat Voser, Chef der Kriminalpolizei. (Bild: Nils Fisch)

Im Unterschied zu vielen anderen Delikten dürfte die Dunkelziffer bei den Einbrüchen sehr tief sein, es kommen also praktisch alle Fälle zur Anzeige. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Opfer den Schaden bei ihrer Versicherung anmelden wollen. Ebenso tief ist jedoch auch die Aufklärungsrate (13 Prozent). Voser geht davon aus, dass die meisten Einbrüche von Kriminaltouristen verübt werden. Diese seien kurz nach der Tat bereits wieder über die Grenze verschwunden, was die Ermittlung erheblich erschwere, erklärt er.

«Ganz allgemein sind Kriminaltouristen unser grösstes Problem», sagt Voser. Auch wenn man beispielsweise eine Gruppe Verdächtiger in einem Fahrzeug voller Einbruchswerkzeug anhalten könne, könne man meist nicht viel mehr tun als die erkennungsdienstliche Erfassung und müsse die Verdächtigen danach wieder freilassen. «Bis wir die Spurenauswertung abgeschlossen und zusätzliche Informationen aus anderen Kantonen angefragt haben, sind diese Leute über alle Berge.» Oft werden solche Einbrecherbanden erst Jahre später gefasst. Wenn sie wieder in der Schweiz angehalten werden und auf die Behörden auf Ermittlungsergebnisse zurückgreifen können.

Dennoch lassen sich auch zu den Betäubungsmitteldelikten interessante Rückschlüsse aus der Statistik ziehen. So haben beispielsweise die leichten Fälle von Drogenschmuggel signifikant zugenommen, und zwar um 74 Prozent auf 171 Fälle gegenüber dem Vorjahr. «Die Drogenhändler haben erkannt, dass es für sie attraktiver ist, mehrere Kuriere mit kleinen Portionen loszuschicken», sagt Homberger. So reduzieren sich gleichzeitig die Risiken und die Ausfälle, sollte Schmuggelware beschlagnahmt werden.

Auffällig ist ausserdem die Zunahme von schwerem Betäubungsmittelhandel, hier gab es beinahe doppelt so viele Fälle wie 2012. Ob ein Fall als leicht oder schwer bezeichnet wird hängt unter anderem von der Menge, vom Reinheitsgrad und vom Ausmass der Tätigkeit ab. «Wir haben uns im letzten Jahr auf die schweren Fälle konzentriert, da diese auch den grössten Schaden anrichten», sagt Homberger. Die Verhältnisse beim Konsum sind überdeutlich: 861 Anzeigen wegen Cannabiskonsums stehen 169 Anzeigen wegen Konsum von Stimulantien (z. B. Kokain) gegenüber.




Beat Burkhardt, Leitender Jugendanwalt. (Bild: Nils Fisch)

Kurz vor Ende der Veranstaltung ergreift Beat Burkhardt das Wort. Der leitende Jugendanwalt beginnt seine Präsentation mit einem kleinen Seitenhieb an die Adresse der Medien. Er habe «nichts Spannendes» zu sagen. So habe beispielsweise die Anzahl Gewalt-Straftaten abgenommen, auch im langjährigen Vergleich (146 Taten im 2013 gegenüber 182 im 2009). Die Fallzahlen sind dabei so klein, dass Prozentzahlen kaum eine Aussage erlauben.

«Jugendliche Kriminaltouristen müssen wir konsequent mit Freiheitsentzug bestrafen.»

Beat Burkhardt, Leitender Jugendanwalt

Den grössten Anteil machen auch bei den Jugendlichen die Vermögensdelikte aus. Und auch hier würden die Kriminaltouristen besonders ins Gewicht fallen, sagt Burkhardt. Dies zeige sich nicht zuletzt an den ausgesprochenen Sanktionen. Im Jugendstrafrecht erhält jeder Straftäter eine auf ihn zugeschnittene Strafe. So würden beispielsweise Lehrlinge gerne mit Bussen bestraft, da diese eine Geldstrafe am meisten spüren würden.

Bei jugendlichen Straftätern die nicht in der Schweiz wohnen, würden solche Strafen keine Wirkung zeigen. «Also müssen wir Kriminaltouristen konsequent mit Freiheitsentzug bestrafen.» Die Entwicklung ist überdeutlich: Während vor zwei Jahren noch 23 Freiheitsstrafen ausgesprochen wurden, waren es 2013 bereits 67.

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