Kritische Töne beim Besuch des italienischen Präsidenten im Tessin

An seinem zweiten Tag in der Schweiz hat der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano das Tessin besucht. Am Rande einer Konferenz an der Universität in Lugano wurden auch die Probleme des Kantons mit dem Nachbarstaat angesprochen.

Napolitano bei seinem Grusswort an der Uni Lugano (Bild: sda)

An seinem zweiten Tag in der Schweiz hat der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano das Tessin besucht. Am Rande einer Konferenz an der Universität in Lugano wurden auch die Probleme des Kantons mit dem Nachbarstaat angesprochen.

In seinen Begrüssungsworten an den italienischen Staatspräsidenten kam der Tessiner Staatsratspräsident Manuele Bertoli auch auf das Thema Grenzgänger zu sprechen. «Viele Italiener kommen ins Tessin zum Arbeiten. Das birgt ein grosses Potenzial, schafft aber auch Probleme», sagte er.

Der Kanton würde als Nachbar mit Anteilnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in Italien schauen, sagte Bertoli. Er sei froh über die Zusicherung des italienischen Präsidenten, bestehende Probleme gemeinsam mit der Schweiz lösen zu wollen.

Hintergrund dabei sind die Sorgen der Tessiner im Hinblick auf den regionalen Arbeitsmarkt. Befürchtet wird, dass die wachsende Zahl der Grenzgänger, die aktuell bei rund 66’000 liegt, zu Lohndumping und einer Verdrängung der im Kanton wohnhaften Arbeitnehmer führt. Die Wirtschaftskrise im Nachbarland forciert das Interesse der Italiener an einem Job in der Schweiz.

Vertrauen haben

Der italienische Staatspräsident äusserte sich in einem kurzen Grusswort am Ende der einstündigen Veranstaltung zufrieden über seinen Besuch in der Schweiz. An Bertoli gewandt sagte er, dass sich die Tessiner Bevölkerung nicht zu sehr von den Anzeichen in Italien für wirtschaftliche Probleme beeindrucken lassen sollte.

Sie könnte stattdessen Vertrauen in die Energie haben, über die Italien noch verfüge. Er verwies auf die enge Freundschaft zwischen den beiden Staaten. Es sei dabei kein Hindernis, dass Italien Gründungsmitglied der Europäischen Union sei, während die Schweiz den Weg der Unabhängigkeit wählte.

Erfreulicherweise würden die Beziehungen zwischen den Staaten immer intensiver, ergänzte Napolitano. Der italienische Staatspräsident wurde in Lugano von Bundespräsident Didier Burkhalter begleitet. Ihm dankte er für seine Sensibilität in den offiziellen Gesprächen am Vortag in Bern.

Besuch im Tessin hat Tradition

Napolitano und Burkhalter, in Begleitung ihrer Ehefrauen, wurden nach der Anreise aus Bern an der Università della Svizzera Italiana (USI) in Lugano vom gesamten Tessiner Staatsrat begrüsst. Geladen waren sie als Gäste einer Konferenz mit Vorträgen von Architekt Mario Botta und dem Professor für italienische Studien, Carlo Ossola, zu kulturellen Verbindungen mit Italien.

Der Staatsbesuch wurde von den Gästen in der Aula der USI mit grossem Applaus begrüsst. «Es ist Tradition, dass ein italienischer Staatspräsident auf seinem Besuch in der Schweiz auch das Tessin besucht», sagte Staatsratspräsident Manuele Bertoli. Es sei ein grosses Geschenk für den Kanton, dass Napolitano an dieser Tradition festhalte.

Offizielle Gespräche am Vortag

Offizielle Gespräche mit dem italienischen Präsidenten waren im Tessin nicht geplant. Im Anschluss an die Konferenz folgten ein Aperitif und ein Essen. Der Besuch von Giorgio Napolitano in der Schweiz ging damit zu Ende. Gespräche mit der Delegation aus Italien gab es dafür am Tag zuvor in Bern.

An diesen nahmen von Schweizer Seite neben Burkhalter auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, Verkehrs- und Umweltministerin Doris Leuthard sowie Wirtschafts-und Bildungsminister Johann Schneider-Ammann teil. Verschiedene bilaterale Dossiers wurden angesprochen.

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