Das EU-Neumitglied gibt dem Druck der EU nach: Der kroatische Justizminister Orsat Miljenic hat am Mittwoch zugesagt, ein umstrittenes Gesetz zur Auslieferung mutmasslicher Straftäter zu ändern. Trotzdem laufen die Sanktionsvorbereitungen der EU gegen Kroatien weiter.
Kroatien gibt nach: Das EU-Neumitglied will das Auslieferungsgesetz für Straftäter überarbeiten. Kroatien sei bereit, das Gesetz «rasch und bedingungslos zu ändern, dass es dem europäischen Recht entspricht», sagte Justizminister Orsat Miljenic nach einem Treffen mit EU-Justizkommissarin Viviane Reding in Brüssel. Es werde «so rasch als möglich aber spätestens am 1. Januar 2014 in Kraft treten». Reding ihrerseits zeigte sich erfreut über das Einlenken Zagrebs: «Die EU-Kommission begrüsst diese Schritte, die sicherstellen werden, dass Kriminelle vor die Justiz gebracht werden.»
Auslöser des Streits zwischen Brüssel und Kroatien ist ein neues Gesetz, das den Geheimdienstgeneral Josip Perkovic und etwa 20 weitere mutmassliche Schwerverbrecher vor der Auslieferung in andere EU-Länder schützt. Deutschland fahndet nach Perkovic, weil er als Auftraggeber des Mordes an einem jugoslawischen Dissidenten 1983 im bayerischen Wolfratshausen gilt.
Was die Zusage Kroatiens nun konkret für diesen Fall und andere gesuchte Straftäter bedeutet, sagte Kroatiens Justizminister nicht. Miljenic erklärte aber: «Der Europäische Haftbefehl wird dann auf alle Verbrechen angewendet, egal wann sie begangen wurden.»
Sondergesetz drei Tage vor EU-Beitritt verabschiedet
Kroatien hatte drei Tage vor seinem EU-Beitritt am 1. Juli ein unter dem Namen «Lex Perkovic» bekannt gewordenes Sondergesetz verabschiedet. Dieses schliesst Auslieferungen von Schwerverbrechern, die ihre Taten vor August 2002 begangen haben, aus. Diese begrenzte Anwendung des Europäischen Haftbefehls wertete die EU-Kommission als Bruch von EU-Recht.
Zwar besteht die Möglichkeit, den Europäischen Haftbefehl zu beschränken, jedoch hätte Kroatien das Thema während den Beitrittsverhandlungen aufbringen müssen, was es laut EU-Kommission nicht getan hatte.
Den Grund für dieses neue Gesetz Kroatiens sehen Insider darin, dass Ex-Geheimdienstagent Perkovic viele Einzelheiten über illegale Aktionen der – früher jugoslawischen und später kroatischen – Geheimdienste kennt. Die Geheimdienste Jugoslawiens und seiner Nachfolgestaaten hatten über Jahrzehnte Mordanschläge auf Regierungskritiker im Ausland verübt.
Sanktionen noch nicht vom Tisch
Nachdem die EU beim Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic wegen der umstrittenen neuen Regelung interveniert hatte, bot dieser an, das Gesetz auf Mitte 2014 anzupassen. Zu weiteren Konzessionen war er nicht bereit. «Ich werde nicht zulassen, dass Kroatien wie ein Putzlappen behandelt wird», wetterte er.
Der Vorschlag von Milanovic ging der EU-Kommission jedoch zu wenig weit, und sie drohte dem EU-Neuling, 80 Millionen Euro Fördergelder einzufrieren. Diese Gelder braucht das Land für die Sicherung der EU-Aussengrenzen, damit es dem Schengen-Raum beitreten kann.
Trotz Einlenken Kroatiens laufen gemäss Reding die Sanktionsvorbereitungen der EU weiter. «Wir erwarten, dass die Erklärung des Ministers nun rasch in Handeln umgesetzt wird – und Handeln heisst in ein Gesetz», sagte die EU-Justizkommissarin.
Nur dann werde die Kommission die angedachten Sanktionen fallenlassen. Brüssel nutzt dazu eine Schutzklausel aus Kroatiens EU-Beitrittsvertrag.