Papst Franziskus hat bei seinem Besuch im kommunistischen Kuba Ideologien als falschen Weg bezeichnet und mehr religiöse Freiheiten gefordert. Der Dienst am Menschen dürfe niemals ideologisch sein.
Dies betonte er am Sonntag an einer Messe vor Hunderttausenden Menschen auf dem Revolutionsplatz in Havanna. «Denn man dient nicht Ideen, sondern man dient den Menschen», sagte der Papst. Die Annäherung zwischen den einstigen Erzfeinden USA und Kuba nannte der 78-Jährige vorbildhaft für die ganze Welt.
Franziskus selbst hatte die Annäherung der einstigen Erzfeinde vermittelt, seit Juli haben beide Staaten wieder Botschaften im anderen Land. Am Dienstag reist Jorge Mario Bergoglio in die USA weiter – er ist der erste Papst, der die beiden Länder auf einer Reise besucht.
Er ermuntere die verantwortlichen Politiker, weiter auf dem Weg der Versöhnung voranzuschreiten, sagte der Papst. «Als Beweis für den erhabenen Dienst, den zu leisten sie berufen sind für den Frieden und das Wohlergehen ihrer Völker.»
Forderungen an die USA
Raúl Castro bezeichnete das seit fast 55 Jahren bestehende US-Handelsembargo als «grausam, unmoralisch und illegal» und forderte die rasche Aufhebung. Die auf Vermittlung des Vatikans erfolgte Annäherung und Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Vereinigten Staaten könne nur «ein erster Schritt sein». Auch die Militärbasis in Guantánamo müsse zurückgegeben werden.
Vor dem Besuch hatte er mit US-Präsident Barack Obama in einem Telefongespräch über eine weitere Annäherung gesprochen. Das Telefonat der Staatschefs war deren erstes direktes Gespräch seit ihrer historischen Begegnung auf dem Amerika-Gipfel in Panama im April.
Zehntausende jubeln
Schon Stunden vor der Ankunft des aus Argentinien stammenden Papstes war der Platz der Revolution, der von einem riesigen Konterfei des Revolutionshelden Che Guevara überragt wird, voller Menschen.
Bei seiner Ankunft im «Papamobil» wurde Franziskus von zehntausenden Kubanern begrüsst. An der Messe nahmen auch 3500 offizielle Gäste teil, darunter Kubas Präsident Raúl Castro und die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner.
Auf politischer Ebene warnte Papst Franziskus vor einem erneuten Scheitern der Friedens-Verhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und den Farc-Rebellen in Havanna.
Aktivistinnen und Dissidenten festgenommen
Rund 20 Aktivistinnen der Frauengruppen «Damas in Blanco» wurden am Sonntag vor der Messe in Havanna kurzfristig festgenommen, wie die Anführerin Berta Soler der Deutschen Presse-Agentur sagte. Mehrere Dissidenten hatten von dem Papst im Vorfeld der Reise klare Worte gegen Menschenrechtsverletzungen gefordert und sich enttäuscht gezeigt, dass kein Treffen mit ihnen geplant sei.
Sicherheitsbeamte in Zivil nahmen nach Angaben eines Journalisten der Nachrichtenagentur AFP ausserem drei Dissidenten fest, denen es gelungen war, sich unter «Freiheit, Freiheit-»Rufen bis auf wenige Meter dem Papst zu nähern. Die zwei Männer und eine Frau gehören der Dissidentenbewegung Unpacu an, wie deren Chef José Daniel Ferrer bestätigte. Er sprach von mindestens vier Festnahmen. Der Papst selbst schien den Zwischenfall nicht zu bemerken.
Treffen mit Fidel Castro
Am Sonntagmittag besuchte Franziskus Revolutionsführer Castro in dessen Privathaus im Westen Havannas. Die 30- bis 40-minütige Begegnung habe «in sehr familiärer und informeller Atmosphäre» stattgefunden, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Neben einer kleinen Vatikan-Delegation nahmen demnach auch Castros Ehefrau, seine Kinder und Enkel teil.
Der Papst brachte als Gastgeschenk vier Bücher mit, darunter zwei über Theologie. Fidel Castro revanchierte sich mit einer Sammlung von Interviews des brasilianischen Befreiungspriesters Frei Betto mit dem Titel «Fidel und Religion», versehen mit einer persönlichen Widmung.
Dritter Papst auf Kuba
Franziskus ist nach Johannes Paul II. (1998) und Benedikt XVI. (2012) als dritter Papst auf Kuba. Franziskus bat Castro, seinem Bruder Fidel – dem Anführer der Revolution von 1959 – «den Ausdruck meiner speziellen Achtung und Ehrerbietung» zu übermitteln.
Über Jahrzehnte war eine offene Ausübung des Glaubens in Kuba nicht möglich, viele Priester verliessen das Land. Heute gilt Religionsfreiheit. Die Zahl von 60 Prozent getauften Katholiken hört sich nach viel an – nur zwei Prozent der Kubaner besuchen aber laut Bischofskonferenz regelmässig eine Messe. Gerade um die junge Leuten wirbt Franziskus in Kuba.
Nach der Landung am Samstag hatte der Papst Staatschef Raúl Castro aufgefordert, auch den Öffnungsprozess im Verhältnis zur katholischen Kirche weiter zu verstärken. Die Kirche wolle das kubanische Volk auf seinem Weg begleiten, «in Freiheit und mit allen notwendigen Mitteln und Freiräumen», betonte er.