Künstler der Region ringen um Präsenz

Die Kunsthalle Basel rekapituliert eine Ausstellung von 1981. Ein Gespräch mit vier Künstlern über damals und heute.

Image 22604 (Bild: Marc Krebs)

Die Kunsthalle Basel rekapituliert eine Ausstellung von 1981. Ein Gespräch mit vier Künstlern über damals und heute.

Miriam Cahn

Im Januar 1981 zeigte eine Ausstellung in der Basler Kunsthalle unter dem Titel «6 Künstler aus Basel» genau das, was der Titel versprach: sechs Künstler aus Basel, kuratiert vom damaligen Direktor Jean-Christophe Ammann. Alex Silber, Anselm Stalder, Rut Himmelsbach, Hannah Villiger, Miriam Cahn und Vivian Suter bespielten je einen Raum im Haus am Steinenberg. Nun, 30 Jahre später, hat der jetzige Direktor Adam Szymczyk dieselben Künstler und Künstlerinnen erneut eingeladen. Sie sollten das Vergangene Revue passieren lassen und eine neue Ausstellung daraus kreieren. Weil die Kunsthalle inzwischen umgebaut wurde, wurden die Werke der Künstler dieses Mal durchmischt. Nur Miriam Cahn erhielt für sich allein denselben Raum wie damals. Wie andere auch präsentiert sie unter anderem Werke, die schon 1981 zu sehen waren, darunter die riesige Kohlezeichnung «Schweigende Schwester. Kriegsschiff».

Fürs Obergeschoss wurden nun sechs weitere Basler Kunstschaffende einer jüngeren Generation aus den Dossiers der «Regionale» ausgewählt: Jannik Giger, Jan Kiefer, Dominique Koch, Daniel Kurth, Esmé Valk und Katharina Anna Wieser. Die beiden Ausstellungen zusammen heissen jetzt «6 Künstler aus Basel x2». Wie stehen sie in Beziehung? Wir haben uns mit vier der zwölf Beteiligten darüber unterhalten.

1981 gab es zwischen den Räumen der einzelnen Kunstschaffenden keinen Dialog. War Durchmischung damals ein Tabu?

Miriam Cahn: Es gab thematische Ausstellungen, aber es ging eher darum, wie man das Einzelne im Zusammenhang als Einzelnes darstellt. Heute geht es immer um ein «im Verhältnis zu».
Dominique Koch: Vielleicht stellt man heute die Autorenschaft weniger stark in den Vordergrund, sondern ordnet diese stärker ein oder lässt sie sogar hinter der Arbeit verschwinden. Dieser Umstand macht eine Durchmischung vielleicht stärker möglich.

Gibt es noch andere Unterschiede zu 1981?

Cahn: Einige. Die Kunsthalle hatte die Funktion, ihr Publikum über international sehr bekannte Künstler zu ­informieren. Künstler, wohlverstanden, keine Künstlerinnen. Mit Jean-Christophe Ammann gab es Platz für junge Künstlerinnen. Ich sage heute noch, der Titel hätte lauten müssen «6 Künstlerinnen aus Basel» – schliesslich waren wir vier Frauen und zwei Männer. Das war absolut revolutionär in jener Zeit. Ebenfalls revolutionär war, dass Ammann aufgrund seines internationalen Qualitätsbegriffes sechs Leute zusammensuchte und ausstellte. Vorher gab es für Basler Künstler nur die Weihnachtsausstellung.

Sind heute für die regionale Kunst andere Räume wichtiger geworden als die Kunsthalle?

Jannik Giger: Es ist schon eine Ehre, wenn man hier ausstellen darf. So grosse Räume wie hier findet man selten in Basel. Es gibt natürlich viele Offspaces, aber da besteht ein grosser Unterschied in Bezug auf die Präsenz.
Cahn: Noch ein Unterschied: Unsere Ausstellung lief nicht unter dem Label der «Regionale», sondern als eine von zirka sechs Ausstellungen jährlich, mit der entsprechenden Aufmerksamkeit.
Koch: Heute werden die «Regionale»-Ausstellungen aber auch als eigenständige Ausstellungen vermittelt. In dem Sinne ist es natürlich toll, wenn man eine der Positionen ist, die hier ausstellen dürfen. Was der Unterschied zu 1981 ist, ist, dass wir uns mit Dossiers beworben haben.
Cahn: Dossiers sind Scheisse. Ihr habt Glück gehabt, dass ihr hier reingekommen sind. Mit der «Regionale» kann aber ein Kurator einer Institution auch gut auf Exponenten einer jungen Basler Szene aufmerksam machen. Schön wäre natürlich, wenn so etwas auch unter dem Jahr passieren würde.
Alex Silber: Der Kunstverein hätte die Oberherrschaft, eine lokale Kunstszene zu fördern. Bis zu Ammann wurde das auch statuarisch wahrgenommen. Als Kurator der Kunsthalle, finde ich, muss man sich die Zeit für Atelierbesuche nehmen und dann Setzungen vornehmen. Ich kritisiere damit nicht das Programm von Adam Szymczyk. Doch ich könnte mir gut einmal jährlich eine gute Basler Ausstellung in der Kunsthalle vorstellen.
Cahn: Das ist zu viel. So viel gibt es hier nicht. Ich bin ganz gegen diesen Lokalzwang. Ausser er wird an internationalen Standards gemessen.

Die Ausstellung heisst jetzt «6 Künstler aus Basel x2». Soll man nun das, was oben gezeigt wird, mit dem unten vergleichen?

Koch: Sicher nicht wertend. Aber irgendeine Art von Verbindung macht man, dem kann man gar nicht entgehen. Ob diese Verbindung tatsächlich existiert, kann man sich aber fragen.

Der Titel aber setzt die Relation. Man packt es in ein Paket, trennt es jedoch gleichzeitig räumlich in die Gruppe von 1981 und in jene von heute. Findet ein Dialog zwischen den Gruppen statt?

Cahn: Mich muss man nicht fragen, ich war immer eine extreme Einzelgängerin. Ich glaube nicht an künstlich hergestellten Dialog. Vernetzung ist prima, aber das ist kein Dialog.

Silber: Was ist mit dem Dialog zwischen Bildern?

Cahn: Den gibts nicht.
Silber: Aber Dein «Kriegsschiff» fährt doch auf den letzten Raum zu …
Cahn: Das ist Interpretation!
Silber: Ja, aber davon leben wir doch. Interpretation gibt es, weil es Kunst gibt. Sonst wären wir arm dran.

Spürt man eine zeitliche Kluft in der Ausstellung?

Giger: … wir arbeiten vielleicht stärker mit den Neuen Medien.
Koch: Die Frage ist doch vielmehr, ob man einen Zugang zu einer spezifischen Arbeit findet.
Cahn: Das mit den Neuen Medien, das hat auch mit Ammann zu tun, der überhaupt nicht kapiert hatte, dass es Video gibt oder Video-Performance. Dass die Neuen Medien in unserer Ausstellung nicht vorkamen, das hat mit seiner Auswahl zu tun. Weniger mit der Zeit – oder mit uns.
Silber: Im Gegenteil: In Basel wirkten diese Medien sehr stark – jedoch nicht in der Kunsthalle. Das fand dort nur sehr zäh Eingang. Gleichzeitig kam das Museum für Gegenwartskunst zur Welt, damit fand ein eigentlicher Quantensprung statt.

Wie reagierten Sie, Alex Silber und Miriam Cahn, auf die Anfrage der Kunsthalle?

Cahn: Als ich hörte, dass die Schau im Rahmen der «Regionale» stattfindet, habe ich erstmal gestutzt …

Wegen des Rufs der «Regionale»?

Cahn: Ich habe doch nichts mit diesem Lokalscheiss zu tun. Jede Stadt hat so ein Ding, und das ist lähmend für die Institutionen, weil sie jedes Jahr diese Ausstellungen ausrichten müssen. Das macht alle wütend. Und es ändert sich nichts. Ich fand es in diesem Fall gut, weil ich es unter meinen Bedingungen machen konnte. Und weil die Ausstellung versucht, die «Regionale» etwas zu umgehen.

Eine längere Fassung des Gesprächs ­finden Sie unter dem Webcode: @ahhvh.
Am Di, 20. Dez., diskutiert Jean-Christophe Ammann mit Adam Szymczyk, Kunsthalle, 20 Uhr.

Geboren 1983 in Luzern. Lebt und arbeitet zurzeit in Paris. In ihrem Werk beschäftigt sie sich mit der Wahrnehmung von Zeitdokumenten im Gegensatz zu Kultur­produkten. Der unterschiedliche Umgang mit diesen steht im Fokus ihrer meist ­installativen Arbeiten.

Geboren 1985 in Basel. Jannik Giger studierte von 2007 bis 2010 Musik- und Medienkunst an der Hochschule für Künste in Bern. In seinen Arbeiten ver­bindet er die Musik mit dem Medium Film oder schafft Klanginstallationen wie­ ­momentan in der Kunsthalle.

Als im September 2008 die Basler Stimmberechtigten eine Initiative der Lungenliga für ein weitreichendes Rauchverbot annahmen, war die Aufregung gross. Bestrebungen von Gastronomiebetrieben, das Gesetz mit „Vereinen“ und den sogenannten Fümoirs zu unterlaufen, würden nicht geduldet, liess die Regierung verlauten.
Nachdem auf Bundesebene im Mai 2010 ein ähnlt das Rauchen in Betrieben mit weniger als 80 Quadratmetern Fläche und in Fümoirs zulassen soll – analog zum Bundesgesetz. Über die Initiative „Ja zum Nichtraucherschutz ohne kantonale Sonderregelung“ wird in Basel-Stadt. 9,3
„Ja zum Nichtraucherschutz ohne kantonale Sonderregelung“ wird in Basel-Stadt.

Geboren 1950 in Basel. Fotografie und Per­formance spielen in Alex Silbers Werk seit ­Anbeginn die Hauptrolle. In seiner Kunst gehe es um Freiheit, sagt er, und er fühlt sich mit Worten wohl. Er unterrichtet an der Hochschule für ­Gestaltung und Kunst in Basel Präsentations­formen und Performance.

Geboren 1949 in Basel, künstlerisch tätig seit den Siebzigerjahren. Miriam Cahn arbeitet vorwiegend figurativ in verschiedenen Medien, hauptsächlich in Malerei und Zeichnung. Als Themen stechen Gesellschaftspolitik und menschliche Emotionen hervor.

MilluptatLendignite de nobiste nihitia aut quo bere essimet, offic to exeri

«Vernetzung ist prima, aber das ist kein Dialog.»

 

 

Gesprächsrunde unter dem Dach der Kunsthalle: Miriam Cahn, Alex Silber, Dominique Koch, Jannik Giger und Karen N. Gerig (v.r.n.l.).

Hans Rudolf Gysin vor dem Abgang aus dem Gejdflkksdjfsjfdkjdkfj skdjfjsdfjsdflkjkdjfwerberatCredit Photograph

Dominique Koch

Jannik Giger

Nichtraucherschutz

Alex Silber

Miriam Cahn

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16/12/11

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