Das Festival del film Locarno, das Bundesrat Alain Berset am Mittwoch eröffnet hat, findet zum 65. Mal statt. Festivalpräsident Marco Solari denkt bereits an die 75. Ausgabe im Jahr 2022 – und setzt der Veranstaltung ehrgeizige Ziele.
Bis dahin müsse das Festival sein internationales Renommee deutlich steigern und nicht nur in der Schweiz und Europa, sondern weltweit als eines der wichtigsten Filmtreffen anerkannt sein, sagte Solari. „Das internationale Profil ist heute zu schwach und verletzbar“, mahnte der Präsident.
Im Jahr 2022 müsse die weltweite Ausstrahlung des Festivals der nationalen gleichkommen, lautet die ehrgeizige Zielvorgabe. Trotz der mahnenden Worte, die Solari oft findet, zeigte sich der Präsident mit den Entwicklungen der vergangenen Jahre zufrieden. Viel sei seit der Jahrtausendwende bereits verbessert worden.
Kulturminister Alain Berset pries das Festival del film Locarno bei der Eröffnung als Möglichkeit, die Schweiz als „grosses Film- und Kulturland“ zu präsentieren: „Die Schweiz ist nicht nur ein Finanzplatz, sondern auch ein Ort der Ideen.“
„English Hour“ am 1. August
In Locarno stehe das Schweizer Filmschaffen in einer Vitrine, gleichzeitig sei die Veranstaltung ein „Fenster zur Welt“, sagte Berset und wies darauf hin, dass im Programm Filme aus 50 Ländern aufgeführt seien. Insgesamt 300 Streifen hat Festivaldirektor Olivier Père für die kommenden zehn Tage gebucht.
Erwartet werden auf der Piazza Grande und in den Sälen gegen 160’000 Zuschauerinnen und Zuschauer sowie diverse prominente Gäste von Kylie Minogue bis Harry Belafonte. An der Eröffnungszeremonie sollte die britische Schauspielerin Charlotte Rampling („Melancholia“) einen Excellence Award erhalten.
Als erster Piazza-Film stand der britische Thriller „The Sweeney“ von Nick Love auf dem Programm. Père sprach von einer „English Hour“ am Schweizer Nationalfeiertag.
Lädierte Eidgenossenschaft
Im internationalen Wettbewerb kann die Jury unter dem Vorsitz des Thailänders Apichatpong Weerasethakul („Uncle Boonmee“) in den kommenden Tagen unter 19 Beiträgen den Sieger küren.
Auch zwei Schweizer Dokfilme haben Chancen auf den Goldenen Leoparden. „Image Problem“ von Simon Baumann und Andreas Pfiffner, ein satirischer Beitrag zur weltweit sinkenden Popularität der Eidgenossenschaft, feiert am Freitag Weltpremiere. „The End of Time“ von Peter Mettler steigt am Sonntag in den Wettbewerb ein.
In der Sparte Concorso Cineasti del presente für Erst- und Zweitlinge ist der Spielfilm „Tutti giù“ von Niccolò Castelli im Rennen. Das Werk des Tessiner Regisseurs handelt von drei jugendlichen Sportlern auf der Suche nach dem „Kick“.
Drei Schweizer Piazza-Filme
Auf der Piazza Grande sind dieses Jahr drei Schweizer Filme höchst unterschiedlicher Art zu sehen. Am Samstag wird die Tragikomödie „Nachtlärm“ von Christoph Schaub nach einem Drehbuch von Martin Suter zum ersten Mal vor grossem Publikum gezeigt.
Die Hauptdarsteller Alexandra Maria Lara und Sebastian Blomberg werden in Locarno erwartet. Ende August kommt der Streifen über ein Paar, dessen Wagen samt Baby gestohlen wird, regulär in die Deutschschweizer Kinos.
Michael Steiners Film „Das Missen Massaker“, der am Festival kommende Woche gezeigt wird, läuft ab 23. August in den Sälen. Schliesslich wird in Locarno auch „More Than Honey“ von Markus Imhoof präsentiert, dessen Kinostart auf Ende Oktober angesetzt ist. Der Dokfilm handelt vom Leben eines Bienenvolkes.