Kultwerk #128: «Le scaphandre et le papillon»

Im Film von Regisseur Julian Schnabel verkörpert Mathieu Amalric auf berührende Weise einen Mann, der am Locked-in-Syndrom leidet. Der Film ist am Sonntag im Stadtkino Basel zu sehen.

Im Kreis der Familie: Jean-Dominique Bauby, gespielt von Mathieu Amalric. (Bild: © Pathé Films)

Im Film von Regisseur Julian Schnabel verkörpert Mathieu Amalric auf berührende Weise einen Mann, der am Locked-in-Syndrom leidet. Der Film ist am Sonntag im Stadtkino Basel zu sehen.

Mathieu Amalric spielte schon das Alter Ego von Roman Polanski («La Vénus à la fourrure») oder für den kürzlich verstorbenen Regiegrossmeister Alain Resnais den Tod («Vous n’avez encore rien vu»), er stand für Wes Anderson vor der Kamera («The Grand Budapest Hotel») oder wurde von James Bond in der Wüste ausgesetzt («Quantum of Solace»). Trotzdem ist sein Name hierzulande noch nicht jedem Kinogänger ein Begriff – im Gegensatz zu seinem Gesicht mit den grossen braunen Kulleraugen, jede Wette.

Amalric, der sich selbst eigentlich als Regisseur sieht, wurde bereits mehrfach mit einem César, dem französischen Oscar, für seine Darstellerkünste ausgezeichnet – unter anderem im Jahr 2008 für seine Verkörperung von Jean-Dominique Bauby, dem ehemaligen Chefredaktor der französischen «Elle», im Film «Le scaphandre et le papillon» («Schmetterling und Taucherglocke»).

Eigentlich bot diese Rolle dem französischen Schauspieler gar nicht viele Möglichkeiten, sein Talent auszuspielen. Denn der Film beruht auf Baubys biografischem Buch, das dieser nach einem Schlaganfall auf seinem Krankenbett verfasste. Vollständig gelähmt und des Sprechens unfähig, diktierte Bauby das Buch mittels Augenzwinkern seiner Assistentin – Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort. Amalric ist den grössten Teil des Films ans Bett oder an den Rollstuhl gefesselt, regungslos, ein Auge wurde zugenäht. Nur das zweite Auge lässt Kommunikation und Schauspiel zu.

Der New Yorker Maler und Regisseur Julian Schnabel verfilmte Baubys Buch auf äusserst einfühlsame Weise und mit atemberaubenden Bildern, jeglichen Kitsch und Gefühlsduselei vermeidend. Der Film beginnt in Baubys Kopf, nachdem dieser aus dem Koma erwacht – wir hören seine Stimme und sehen durch seine Augen –, und schildert die letzten knapp zwei Lebensjahre des Journalisten, der 1997 im Alter von 45 Jahren verstarb. Jean-Do, wie ihn alle nennen, war ein Lebemann, was uns Schnabel in kurzen Rückblicken zeigt. Es sind die Erinnerungen, an die sich der Gelähmte klammert – in seinem «Taucheranzug», wie er das Locked-in-Syndrom, an dem er leidet, nennt. Und es sind diese Erinnerungen, in denen auch der Schauspieler Amalric körperlich agieren kann.

Ansonsten hören wir als Zuschauer Amalrics Stimme, die Baubys Gedanken wiedergibt. Die Verzweiflung in seinem Kopf, die er nicht äussern kann. Das Lachen über Witze, das er nicht zeigen kann. Die Wünsche, die er nicht mitteilen kann. Die Gefühle, die er nicht mehr ausleben kann. «Le scaphandre et le papillon» ist keine einfache Kost. Und trotzdem kein Film, der uns verzweifeln lässt. Trotz der Schwere des Themas vermittelt er auf sinnliche Weise Leichtigkeit und Witz. Und selbst Freude am Leben.

(Bild: © Walt Disney)

Mathieu Amalric im Stadtkino
Das Stadtkino Basel widmet dem Schauspieler Mathieu Amalric im Mai eine Filmreihe. «Le scaphandre et le papillon» kann man sich noch am 4. Mai um 13 Uhr sowie am 17. und 25. Mai jeweils um 17.30 Uhr ansehen. Weitere Filme der Reihe sind unter anderen «La vénus à la fourrure», «Poulet aux prunes», «Rois et reine» oder «Vous n’avez encore rien vu». Detailprogramm und Spielzeiten unter www.stadtkino.ch.

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