Ein Meilenstein der Filmgeschichte ist nach 80 Jahren wiederauferstanden: Das Stadtkino Basel zeigt die 2010 restaurierte Urfassung von Fritz Langs Klassiker «Metropolis».
Am 10. Januar 1927 hatte im Ufa-Palast am Zoo, damals eines der bedeutendsten Berliner Kinos, ein Film mit monumentalen Dimensionen seine Premiere. 4189 Meter waren die Filmrollen lang, 310 Tage wurde dafür gedreht, 27 000 Komparsen wurden benötigt, die unter miserablen Bedingungen bis zu 16 Stunden täglich im Einsatz standen. Über fünf Millionen Reichsmark kostete der Film, umgerechnet mehr als zwanzig Millionen Euro – eine gigantische Investition, die für die Produktionsfirma Ufa zum Debakel wurde: die Kritiker verrissen ihn, das Publikum interessierte sich kaum dafür. Vier Monate lief der Film erfolglos in den deutschen Kinos, danach zog ihn die Ufa zurück.
Was als Desaster begann, sollte sich zu einem der mythenreichsten Schnitzeljagden der Filmgeschichte entwickeln. «Metropolis» von Fritz Lang, eines der meistzitierten Werke der Filmgeschichte und mittlerweile ins Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen, blieb über 80 Jahre nur unvollständig zu sehen. Die Ufa brachte den Film wenige Monate später in einer um ein Viertel gekürzten Version erneut in die Kinos und vernichtete die herausgeschnittenen Szenen, weil das Filmmaterial aus Zellulosenitrat als feuergefährlich galt. In den folgenden Jahrzehnten tauchten in verschiedenen Restaurierungen in der Sowjetunion, in Ostberlin sowie in München einzelne der verschollenen Szenen wieder auf, der Grossteil schien jedoch verloren. Bis 2008.
Zufällig wiederentdeckt
Vor fünf Jahren entdeckte Paula Félix-Didier, Leiterin des Museo del Cine Pablo C. Ducrós in Buenos Aires, in den Archiven des Museums, verteilt auf drei Filmdosen, die wahrscheinlich vollständigste Version von «Metropolis». Jahrzehntelang lagerten die Filmrollen – zuerst im Privatbesitz, danach im Museumsarchiv – unbeachtet in Argentinien. Dorthin gebracht hatte sie der argentinische Filmverleiher Adolfo Z. Wilson, der im Januar 1927 die Premiere in Berlin besuchte und danach eine Kopie des Films für den argentinischen Markt erstand. Vor der Kürzung.
Der Sensationsfund wurde 2010, nach aufwendiger Restauration, an der 60. Berlinale uraufgeführt, live auf dem Kultursender Arte sowie auf Grossleinwand vor dem Brandenburger Tor in Berlin ausgestrahlt. Ganz vollständig ist Fritz Langs Urfassung indes noch immer nicht: der Fund in Buenos Aires war von derart schlechter Qualität, dass acht Filmminuten nicht gerettet werden konnten. Trotzdem hat die jüngste, um rund 30 Minuten erweiterte Restaurierung die dramaturgische Tiefe von «Metropolis» eindrücklich verstärkt.
Die Geschichte des Industriemagnaten Joh Fredersen, der über den Industriemoloch Metropolis und die in die Unterstadt verbannten Arbeiter herrscht, und seines Sohnes Freder, der sich in die Arbeiterführerin Maria verliebt, gewinnt deutlich an Schlüssigkeit. Zugleich schliessen sich die Lücken im ungeklärten Verhältnis zwischen Fredersen und Rotwang, dem Erfinder der «Menschmaschine», eines Roboters in Frauengestalt – neben den schwindelerregenden Häuserschluchten von Metropolis eine der ikonischen Erscheinungen des Films. Wie überwältigend der Film auch nach 80 Jahren auf Leinwand noch wirkt, lässt sich nun im Stadtkino Basel erleben.
- Stadtkino, Basel. Sa, 31. Augst, 15 Uhr. Mi, 4. September, 18 Uhr.