Kultwerk: Le Déjeuner en fourrure

Meret Oppenheim würde am 6. Oktober 100 Jahre alt. Ihre Pelztasse wurde zu einem ihrer wichtigsten Werke.

Ein herbes Frühstück: «Le déjeuner en fourrure» (1936) (Bild: zVg)

Meret Oppenheim würde am 6. Oktober 100 Jahre alt. Ihre Pelztasse wurde zu einem ihrer wichtigsten Werke – obwohl sie aus Zufall entstand.

Eine mit Pelz überzogene Tasse – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Oder lieber doch nicht? Die Vorstellung, aus einem solchen Gefäss zu trinken, ist keine besonders angenehme. Aber man soll ja auch gar nicht trinken aus dieser Tasse, auch den dazugehörigen Löffel nicht zum Mund führen, sondern darüber nachdenken – und darf das Ganze dabei einfach nur komisch finden. Denn auch die Herstellerin hatte keine andere Intention.

Basel feiert Meret Oppenheim

Am Sonntag, 6. Oktober 2013, würde Meret Oppenheim 100 Jahre alt. Ihr zu Ehren findet im Museum Tinguely ein Geburtstagsfest statt (Beginn 11.30 Uhr). Um 15 Uhr wird eine Geburtstagsrede und -torte serviert.

Weitere Aktionen in Basel zum Jubiläum von Meret Oppenheim finden Sie hier.

«Was mich gereizt hat, als ich diese Idee hatte: der absolute Gegensatz von Pelz und Porzellan», sagte Meret Oppenheim einst über ihr berühmtestes Werk. Die Idee dazu entstand bei einem Treffen: 1936 sass die damals fast 23-jährige Künstlerin im Pariser Café de Flore, zusammen mit niemand Geringerem als Pablo Picasso und seiner damaligen Freundin Dora Maar. Ums Handgelenk trug sie ein selbst kreiertes Armband aus Metall, mit feinem Pelz besetzt. Picasso gefiel das Schmuckstück, und er meinte, man könnte ja eigentlich alles mit Pelz überziehen, und Oppenheim meinte, ja, auch die Tasse oder den Unterteller vor ihr.

Zufallstreffer

Kurz darauf traf Oppenheim zufällig auf der Strasse André Breton, der gerade seine erste surrealistische Ausstellung für die Galerie Charles Ratton plante. Er lud Meret Oppenheim ein, etwas zu dieser «Exposition surréaliste d’objets» beizutragen. Und so spann die junge Künstlerin die im Café entstandene Idee weiter, machte sich auf in den nächsten Monoprix und kaufte sich Tasse, Untertasse und einen Löffel dazu, die sie zuhause alle überzog «mit einem ganz feinen Gazellenfell, das ich ganz zufällig zuhause hatte».

Oppenheim nannte ihr Werk schlicht «Objet». André Breton war das wohl zu prosaisch, also benannte er es um in «Le Déjeuner en fourrure», in Anlehnung an Manets «Déjeuner sur l’herbe». Das Werk gefiel ihm – und ebenso dem Publikum. Eine Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf: Die Pelztasse wanderte nach London in eine Ausstellung, wo sie vom Direktor des Museum of Modern Art in New York entdeckt und schliesslich gekauft wurde.

Die ersten Werkinterpretationen liessen nicht lange auf sich warten, bald wurde die Tasse zum Modellfall für den Surrealismus, absurd wie sie war. Ein feministisches Werk wurde sie genannt, und selbst sexuelle Konnotationen liessen sich die Kunstwissenschaftler einfallen – was Oppenheim selber lakonisch in einem Radiointerview folgendermassen kommentierte: «All diese Auslegung, die jetzt da gemacht wird, diese ganzen erotischen Auslegungen, da habe ich nicht im Traum daran gedacht. Ich fand das nur komisch, eine Tasse mit Pelz. Also gut, von mir aus können Sie auslegen, wenn Sie wollen!»

 

Meret Oppenheim

Meret Oppenheim, 1982.

Meret Oppenheim, 1982. (Bild: Keystone)


1913 in Berlin geboren als Kind eines Deutschen und einer Schweizerin, wuchs Meret Oppenheim in beiden Ländern auf. 1933 zog sie im Bestreben, Künstlerin zu werden, nach Paris, wo sie bald in den Kreis der Surrealisten aufgenommen wurde. Bei ihrem Tod 1985 war sie eine der wichtigsten Vertreterinnen der Kunstbewegung.

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