Im Rolex Learning Center der ETH Lausanne geschehen Morde. Doch ist die Liebe wirklich ein Verbrechen? Die Kritik zum Spielfilm «L’amour est un crime parfait» mit Mathieu Aamalric in der Hauptrolle.
Wer an der ETH in Lausanne studieren will, muss jetzt nicht gleich erschrecken. In dem – vom japanischen Architekturbüro SANAA erstellten – Rolex Learning Center der ETH geschehen Morde: Die franzöischen Brüder Arnaud und Jean-Marie Larrieu haben dort «Incidences», den Roman des französische Autors Philippe Djian, für die Leinwand adaptiert.
Als Dozent schreibt Marc (Mathieu Amalric) seinen Studentinnen vor, wie sie zu schreiben haben: Übungen aus der Tradition der «Écriture Automatique» sollen Teilnehmer seines Seminars ermutigen, alles niederzuschreiben, was ihnen durch die Sinne huscht. Das soll Schreib-Blockaden lösen. Tatsächlich erweisen sich Studentinnen im Literaturkurs als sinnlich sehr gelöst: Barbara will ihren Dozenten verführen, Anne ihn entführen. Schon bald steht die Führung des Literaturkurses in Frage: Der Dekan mag die Nähe des Dozenten zu den Studentinnen nicht mehr dulden.
Die ETH wird zum Schauplatz. (Bild: Jerome Prebois)
Wäre der Dekan nicht der Geliebte der Schwester von Marc, die Sachlage wäre eindeutig. So aber wird auch sie zweideutig: Marc lebt nämlich mit seiner Schwester ein inzestuöses Verhältnis, dessen libidinöse Schieflage nun mit aller Gewalt an den Tag drängt. Er hat ein Problem mit seinen Trieben – und lässt seine Studentinnen nicht nur erfinden, sondern auch verschwinden: Barbara wird vermisst gemeldet.
Tänzelnde über dem Ernst des Lebens
Arnaud und Jean-Marie Larrieu ist ein Film geglückt, der wieder mit Leichtigkeit ein schwieriges Thema angeht: der Betrug in der Liebe. «L’amour c’est un crime parfait» führt uns sozusagen in eine auf den Kopf gestellte Kriminalgeschichte: Der intellektuelle Liebhaber, der die Geschichte zu erfinden scheint, ist auch in Wirklichkeit ein erfinderischer Täter. Er liefert die narrative Metatheorie, während er immer tiefer in den Strudel seiner Absenzen gerät. Als auch die Opfer sich als Täter herausstellen, wird aus dem Krimi eine Agentengeschichte.
Die Regisseure haben einen Tatort der Hochintellektualität gewählt: Mit französischem Esprit und mit cinéastischer Élégance erzählen sie im welschen Bergland einen Liebesabenteuerfilm. Das macht noch nicht die Spannung eines Agententhrillers aus – aber immerhin sind die Liebespaare in diesem Film nichts anderes als Doppelagenten der Liebe und des Todes.
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