Trotz westlicher Luftangriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist deren Kampfkraft in Syrien nach Einschätzung von Experten grösser geworden. Am Freitag legte die unabhängige Untersuchungskommission dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf ihren Bericht zum Syrien-Konflikt vor.
Darin werden zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen des IS gegen die Menschlichkeit dokumentiert.
Der vom Brasilianer Paulo Sergio Pinheiro geleiteten Untersuchungskommission gehört unter anderen auch die Tessinerin Carla Del Ponte an, frühere Bundesanwältin und Ex-Chefanklägerin des UNO-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien.
Die Islamisten-Miliz stütze sich auf eine «verstärkte Mobilität und Feuerkraft, um Gegner zu überraschen und örtlich ihre Übermacht zu sichern», heisst es in dem Bericht der Kommission.
Zugleich weist die von den Vereinten Nationen eingesetzte Expertenkommission auf die erhebliche Rolle ausländischer Dschihadisten in Syrien hin. «Ungeachtet der Rekrutierung Tausender Syrer wird die IS-Führungsstruktur weitgehend von ausländischen Kämpfern dominiert», heisst es dort.
Gemeint sind damit weniger westliche Islamisten, als vielmehr hartgesottene Kämpfer aus anderen islamischen Konfliktregionen, darunter Tschetschenien. Der Terrormiliz hätten sich einige der «extremsten und erfahrensten Personen» dieser Szene angeschlossen.
Amputation, Vergewaltigung und Folter
Dem menschenverachtenden und brutalen IS-Terror seien in mehreren Provinzen im Nordosten Syriens Hunderttausende Menschen schutzlos ausgesetzt. Die Extremisten vergingen sich ihren Opfern mit Massenmorden und willkürlichen Hinrichtungen sowie Amputationen von Gliedmassen, Vergewaltigungen, sexueller Versklavung, Folterungen und Vertreibungen.
«Die Brutalitäten und das ganze Ausmass der Misshandlungen sind darauf ausgerichtet, die absolute Macht dieser Gruppe über das politische und soziale Leben durchzusetzen und die Gemeinden unter ihrer Kontrolle zum Gehorsam zu zwingen», hiess es. Zu den Methoden gehörten «die Amputation von Gliedmassen für Vergehen wie das Rauchen einer Zigarette».
Kinder geköpft, erschossen und gesteinigt
Auch Kinder und Frauen seien von den sunnitischen Fanatikern bei öffentlichen Hinrichtungsorgien in Städten und Dörfern in Nordost-Syrien geköpft, erschossen oder gesteinigt worden. Zur Rechtfertigung der Grausamkeiten erkläre die Miliz ihre Opfer zu Ketzern.
Dabei gelte der Grundsatz «Man ist schuldig, solange man nicht seine Unschuld beweisen kann», berichteten die Ermittler. Sie stützen sich auf Aussagen von mehr als 300 Zeugen, die vor den Islamisten in Nachbarländer geflohen sind oder immer noch im Herrschaftsbereich des IS leben.
Die Untersuchungskommission macht auch darauf aufmerksam, dass bei Angriffen durch Kampfflugzeuge der USA und ihrer Verbündeten auf die IS-Terroristen Unschuldige getötet wurden. Die Milizionäre würden sich oft direkt neben zivilen Einrichtungen verschanzen.
Die Experten appellierten an «Staaten mit Einfluss», den Waffennachschub und die Finanzierung des so genannten Islamischen Staates (IS) zu unterbinden. Zudem müssten alle Staaten mit harten Strafen gegen Dschihadisten unter ihren Bürgern vorgehen, die sich den Terroristen als Kämpfer anschliessen oder sie anderweitig unterstützten.