Nach dem überraschenden Votum der Belegschaft der renommierten französischen Tageszeitung «Le Monde» gegen die Ernennung von Jérôme Fenoglio zum neuen Chef ist der Interims-Publikationsdirektor Gilles van Kote zurückgetreten.
In einem Brief an den Herausgeber, der der Nachrichtenagentur AFP vorlag, begründete er am Donnerstag seine Entscheidung damit, dass zunächst die Besitzer der Zeitung seine Kandidatur als Direktor nicht unterstützt hätten und dann auch noch der von ihm unterstützte Fenoglio gescheitert sei.
Die Journalisten von «Le Monde» hatten am Mittwoch Fenoglio als neuen Chef des traditionsreichen Blattes überraschend abgelehnt. Die bisherige Nummer zwei der Zeitung erhielt statt der benötigten 60 Prozent lediglich 55 Prozent der Stimmen, die Belegschaft folgte damit nicht dem Vorschlag der Zeitungsbesitzer.
Schwere Führungskrise
Kurz nach van Kotes Mitteilung kündigten die Anteilseigner von «Le Monde» allerdings an, dass sie an Fenoglios Kandidatur festhielten. Unternehmer Pierre Berge, der Bankier Mathieu Pigasse und der Telekommunikations-Milliardär Xavier Niel forderten die Belegschaft auf, «die Qualitäten von Jérôme Fenoglio, seinem Team und seinem redaktionellen Projekt erneut zu prüfen».
Die linksliberale Tageszeitung hatte vor einem Jahr eine schwere Führungskrise durchlebt. Im Mai 2014 trat die in der Redaktion wegen ihres Führungsstils umstrittene «Le Monde»-Chefin Natalie Nougayrède nach nur 15 Monaten von ihrem Posten zurück. Fenoglio wurde daraufhin zum Redaktionsdirektor ernannt, der Journalist van Kote zum ihm übergeordneten Publikationsdirektor. «Le Monde» kämpft wie viele französische Zeitungen mit einer stetig sinkenden Auflage.