Lehmanns Plan ging nicht auf – Ständerat will Geberkantone gar nicht entlasten

Markus Lehmann (CVP) stand vergangene Woche im Fokus, weil er beim Nationalen Finanzausgleich gegen eine Entlastung der Geberkantone stimmte. Er wollte damit eine Kompromiss-Lösung im Ständerat durchbringen. Das hat nicht funktioniert.

Der Ständerat lehnte eine Entlastung der Geberkantone ab. Anita Fetz (SP) sprach von einem «Kartell der Mehrheit». (Bild: sda)

Markus Lehmann (CVP) stand vergangene Woche im Fokus, weil er beim Nationalen Finanzausgleich gegen eine Entlastung der Geberkantone stimmte. Er wollte damit eine Kompromiss-Lösung im Ständerat durchbringen. Das hat nicht funktioniert.

Der Nationalrat stimmte letzte Woche für eine Entlastung der Geberkantone im Nationalen Finanzausgleich (NFA). Basel-Stadt sollte mit 12,4 Millionen Franken jährlich entlastet werden. Einen weiteren Antrag, der den Stadtkanton um jährlich 30 Millionen Franken entlastet hätte, lehnte der Nationalrat mit einer Stimme Unterschied ab.

Markus Lehmann (CVP) lehnte diesen Antrag als einziger Nationalrat aus Basel-Stadt ab – mit der Begründung: Es sei unrealistisch, beide Anträge im Ständerat durchzubringen. Die Änderung, die Basel-Stadt um 12,4 Millionen Franken entlastete, hätte bessere Chancen, wenn sie alleine stehen würde. Ganz nach dem Motto: «Besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach», erklärte die basel-städtische CVP-Präsidentin Andrea Strahm.

Diese Strategie ging nicht auf. Der Ständerat will nun keine Änderung des NFA. Die Geberkantone sollen gleich viel einzahlen wie bisher. Damit hat die kleine Kammer bereits zum zweiten Mal eine Senkung der Beiträge abgelehnt. Der Entscheid fiel mit 27 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung.

CVP bleibt bei ihrer Version

Patrick Huber von der jungen CVP Basel-Stadt meint, der Entscheid zeige, dass Lehmann mit seiner Strategie richtig lag. Selbst die Minimalforderung scheiterte im Ständerat, die Maximalforderung wäre noch deutlicher abgeschmettert worden, so Huber.

Die Ständerätin Anita Fetz (SP) hat für die Argumentation Lehmanns ein müdes Lächeln übrig. Mit Minimalforderungen einen Antrag durchbringen, das könne nicht funktionieren. Wenn der Antrag zum Ausgleich der Zentrumslasten im Nationalrat durchgekommen wäre, hätte dies die Debatte im Ständerat verändert – die Abstimmung wäre dann vielleicht anders herausgekommen, meint Fetz.

Ähnliche Überlegungen äusserte der Generalsekretär des Basler Finanzdepartements, Kaspar Sutter, bereits vergangene Woche: «Je zahmer die Erstforderungen sind, desto minimaler wird ein Kompromiss ausfallen.»

Die Frage nach Maximal- oder Minimalforderungen ist nun hinlänglich. Der Vorschlag des Bundesrats ist vorerst vom Tisch. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Beiträge für die Periode 2016 bis 2019 zu senken. Die Kantone sollten 134 Millionen Franken weniger in den Ressourcenausgleich einzahlen, der Bund 196 Millionen Franken weniger.

Bundesrat wollte Geberkantonen entgegenkommen

Damit wollte der Bundesrat den Geberkantonen entgegenkommen, die sich seit Jahren über die ihrer Meinung nach zu hohen Zahlungen beschweren. Allein in den Ressourcenausgleich, den mit Abstand grössten NFA-Topf, zahlen die neun Geberkantone dieses Jahr 1,552 Milliarden Franken ein. Weitere 2,273 Milliarden Franken steuert der Bund bei.

Gemäss Berechnung des Bundesrates könnten die Nehmerkantone auch mit den tieferen Beiträgen auskommen. Konkret geht es um das im Gesetz vorgeschriebene Ziel, wonach sich die finanziellen Ressourcen eines Kantons auf mindestens 85 Prozent des schweizerischen Durchschnitts belaufen sollen. Dies werde auch mit den tieferen Beiträgen erreicht, zeigten sich Bundesrat und Nationalrat überzeugt.

Richtwert, nicht Ziel

Der Ständerat sah dies am Dienstag anders. Eine Ratsmehrheit stellte sich auf den Standpunkt, die 85 Prozent seien ein Richtwert, nicht ein Ziel. Das Hauptziel des Finanzausgleichs sei es, Disparitäten abzubauen. Dieser Abbau sei nicht erreicht worden.

Die Steuerbelastungsunterschiede etwa seien nach wie vor beträchtlich, betonten mehrere Ständeräte. Eine Familie in Delsberg zahle zum Beispiel deutlich mehr Steuern als eine Familie in Zug. «Der ressourcenstärkste Kanton hat heute fast 450 Prozent mehr Ressourcen als der schwächste. Beim Start waren es noch ungefähr 350 Prozent», sagte Werner Hösli (SVP/GL). Er warnte davor, die Schere zwischen den Kantonen könnte weiter aufgehen.

Vertreter der Geberkantone wehrten sich vergebens. «Es war nie die Meinung, dass die Minimalausstattung beliebig auf 90 oder gar 100 Prozent erhöht werden könnte», sagte Peter Bieri (CVP/ZG). Mit der Vorgabe wollte man den schwächsten Kanton auf 85 Prozent bringen. «Niemand kann begründen, weshalb ressourcenschwache Kantone in den nächsten Jahren Überschüsse schreiben, während wir Geberkantone infolge der massiv gestiegenen NFA-Beiträge dreistellige Millionendefizite schreiben, Rückstellungen auflösen oder gar die Steuern zu erhöhen haben», sagte Bieri.

«Kartell der Mehrheit» im Ständerat

Die Solidarität werde einseitig strapaziert, sagte Hannes Germann (SVP/SH). Anita Fetz (SP/BS) sprach von einem «Kartell der Mehrheit». Die Nehmerkantone, welche im Parlament die Mehrheit stellten, hätten die Macht, sich durchzusetzen. «Das Recht dazu haben sie aber nicht». Fetz verwies auch darauf, dass längst nicht alle Geberkantone zu den Tiefsteuerkantonen gehörten.

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zeigte sich «völlig desillusioniert» vom Ständerat. Das festgelegte Minimalziel von 85 Prozent sei mehr als erreicht. Dass es unterschiedliche Steuerbelastungen und Steuerwettbewerb gebe zwischen den Kantonen, sei so gewollt.

Erfolglos war im Ständerat auch ein Antrag, der eine kleinere Reduktion der Kantons- und Bundesbeiträge forderte. Gemäss dem vorgeschlagenen Mechanismus sollten für die Berechnung der 85-Prozent-Hürde nicht wie vom Bundesrat die letzten vier Jahre berücksichtigt werden, sondern die letzten acht Jahre. Dadurch werde das System träge, warnten mehrere Ständeräte. Bereits der Nationalrat hatte eine solche Anpassung klar abgelehnt.

Definitiver Entscheid aufgeschoben

Das Geschäft geht nun zurück an den Nationalrat. Dieser wird die Vorlage erst in der nächsten Session behandeln. Sollten sich die beiden Räte noch einig werden, unterstehe der Beschluss dem fakultativen Referendum, sagte Hans Altherr (FDP/AR), Präsident der vorberatenden Kommission.

Die Drohungen einzelner Kantone, die NFA-Gelder auf ein Sperrkonto einzuzahlen, seien angesichts dieser Möglichkeit unangebracht, sagte er an die Adresse von Zug.

Erleide die Vorlage Schiffbruch, bleibe der bisherige Bundesbeschluss für weitere zwei Jahre in Kraft, führte Altherr aus. «Bis Ende 2017 müsste man sich dann auf eine neue Lösung einigen. Ansonsten würde der Ressourcenausgleich – nicht die anderen Töpfe – dahinfallen», so Altherr.

Stillschweigend angenommen hat der Ständerat am Dienstag eine Motion aus dem Nationalrat zum Finanzausgleich. Der Bundesrat soll bei Berichten zu Vernehmlassungen und Botschaften zu Vorlagen künftig aufzeigen, ob die NFA-Prinzipien eingehalten wurden und welche Auswirkungen sich für Kantone und Gemeinden ergeben. Betroffen von der Änderung sind alle Vorlagen, welche eine Arbeitsteilung zwischen Bund und Kantonen betreffen. Der Nationalrat hatte der Motion im letzten Dezember bereits zugestimmt.

Artikelgeschichte

– 16.3.2014 14:50 – Zitate von Anita Fetz eingefügt

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