Sexualthemen fordern die Lehrer: Wie reagieren auf zu knappe Kleidung oder auf pornografisches Material auf einem Handy? Um solche Fragen zu beantworten, hat der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) einen Leitfaden erstellt.
Eltern reagierten zunehmend besorgt, was das Wohl ihrer Kinder angehe, schreibt der LCH im Entwurf des Leitfadens «Integrität respektieren und schützen», welcher der Nachrichtenagentur sda vorliegt.
Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Fälle von sexualisierter Gewalt und Verletzungen der körperlichen und seelischen Integrität in Internaten, Lagern oder auf dem Schulweg hätten zudem zu Anpassungen von Gesetzen geführt.
So müssen Lehrer seit Januar 2013 die Behörden informieren, wenn das Kindeswohl gefährdet erscheint. Die Schulen seien mit ihren neuen Pflichten aber oft auf sich alleine gestellt, da die Beratungsstellen und Behörden vielfach überlastet seien. Im Leitfaden wird deshalb anhand von Fallbeispielen aufgezeigt, wie Lehrer auf schwierige Situationen im Unterricht reagieren können.
So wird den Lehrern etwa abgeraten, im Sportunterricht eine Schülerin nach einem 2000-Meter-Lauf aus Begeisterung in die Arme zu nehmen. Der Grund: Die Umarmung könnte von der Schülerin missverstanden werden und dem Lehrer den Vorwurf der sexuellen Belästigung einbringen.
«Für die Beurteilung, ob es sich bei einer Berührung um eine sexuelle Belästigung handelt, ist nicht die Absicht der Lehrperson ausschlaggebend, sondern ob die betroffene Person dieses Verhalten als erwünscht oder unerwünscht empfindet», heisst es im Leitfaden.
Minirock gilt nicht als sexuelle Belästigung
Auch bei Kleidungsvorschriften ist Zurückhaltung geboten. «Das Tragen von tief ausgeschnittenen T-Shirts und Miniröcken durch Schülerinnen gilt nicht als sexuelle Belästigung», heisst es. Allenfalls könne die Schule zum Schutz aller Beteiligten einen Dresscode entwickeln. Besser geeignet sei hier jedoch das persönliche Gespräch mit den Schülerinnen und in der Klasse.
Ein weiteres Problem im Schulalltag ist der Umgang mit Smartphones. Wenn ein Schüler etwa den Po einer Lehrerin filmt und das Bildmaterial im Internet veröffentlicht, ist dies strafbar. Die Betroffene könne bei einem begründeten Verdacht auf eine strafbare Handlung das Handy einsammeln und der Schulleitung übergeben.
Auch wenn ein Lehrer hört, wie ein Schüler damit prahlt, er habe Pornobilder auf dem Handy, die er in der Pause zeigen werde, soll er das Handy konfiszieren. Nicht erlaubt sei es dem Lehrer hingegen, Einblick in die gespeicherten Daten zu nehmen. Dies sei Aufgabe der Polizei.
Lehrer sollen auf Facebook keine Freundschaftsanfragen an Schüler schicken, wie dem Leitfaden weiter zu entnehmen ist. Lehrer seien keine «Freunde» von Schülern, sondern «öffentliche Personen». Wenn Lehrpersonen hingegen Freundschaftsangebote von Schülern auf Facebook annehmen, müsse darauf geachtet werden, dass alle Schüler einer Klasse gleich behandelt werden.
Überhastetes Eingreifen bei Übergriffen fehl am Platz
Der Leitfaden gibt den Lehrern auch Ratschläge, wie sie mit Hinweisen auf Übergriffe zu Hause umgehen sollen. Wenn eine Kindergärtnerin etwa bemerke, dass ein Kind sein Verhalten geändert hat, eine auffällig sexuelle Sprache benutzt und sich dabei in eine Fantasiewelt flüchtet, sollten die Beobachtungen vorerst nur schriftlich festgehalten werden.
Ein überhastetes Eingreifen richte in einer solchen Situation mehr Schaden an, heisst es. So darf die Kindergärtnerin das Kind weder befragen noch persönlich ermitteln. Sie müsse vielmehr die Schulleitung informieren, welche dann die Behörden einschalten könne.