Am Mittwoch um 13.19 Uhr ist es soweit. Philipp Meier, Schweizer Baristameister 2012, wird den Kaffee seines Lebens kochen. 15 Minuten Zeit hat er, für 4 Espressi, 4 Cappuccini und 4 Eigenkreationen, bei denen alles stimmt. Geschmack, Optik, Präzision, Handling und Präsentation. Wochenlang, seit der Schweizermeisterschaft im Februar in St. Gallen, hat er für das Ereignis trainiert, für die World Barista Championship (WBC) in Österreich. 54 Landesmeister aus der ganzen Welt treten bei diesem Grossereignis der Kaffeewelt vom 12. bis 15. Juni in Wien gegeneinander an.
Es laufen die letzten Vorbereitungen. Vergangenen Samstag eine Generalprobe in Uster in der Kaffeezentrale, unter den fachmännischen Blicken von WBC Juroren wie Daniel Heiniger und Gloria Pedroza und dem mehrfachen Schweizer Meister Giovanni Meola. Letzte Anregungen, Ratschläge und gute Wünsche. Dann der Abflug nach Wien und das Fine-Tuning der Präsentation. Denn einige Komponenten lassen sich nur vor Ort trainieren.
Zuoberst die Milch. Denn die kann man schlecht in Mengen und frisch mitnehmen. Verschiedenste Sorten werden getestet. Denn am Mittwoch muss alles stimmen. Die vier Cappuccini werden alle einen gleichmässigen Schaum haben, der keine Blasen wirft, auf dem das Latte Art-Herz perfekt in der mitte der Tasse positioniert ist und von einem fingerbreiten braunen Kaffeerand umschlossen ist. Die Optik ist das eine, der Geschmack das andere. Doch Österreichische Milch ist nicht gleich Basler oder Leipziger Milch (wo Philipp derzeit studiert und trainiert hat). Und auch Basler Milch ist nicht gleich Basler Milch. Gerade bei Bio- bzw. wenig behandelter Milch stelle ich immer wieder sehr unterschiedliches Schäumverhalten fest, je nachdem was die Kühe gegessen haben. Und natürlich ist auch der Geschmack nicht immer gleich.
In der Vienna School of Coffee sind die Meisterschaftskaffeemaschinen aufgebaut. Alle Wettbewerber haben kurze Timeslots, in denen sie ihre Mischung, ihr Setting, ihre Präsentation vor Ort testen können. Am Sonntagabend hat Philipp sein erstes Training in Wien, sein zweites am Montagabend. Begleitet und unterstützt wird er von Patrizio Frigeri, der selbst zweiter bei den diesjährigen Schweizer Meisterschaften wurde. Relativ schnell entscheidet sich Philipp für eine Milch, die geschmacklich hervorragend zu seinem Espresso passt, die beeren- und bitterorangen Noten gut transportiert. Auch eine charakteristische Malznote, die sich erst nach 90 Sekunden stark einstellt, zeigt sich bei dieser Milch deutlich. Sie zeigt allerdings ein schwieriges Schäumverhalten, das eine leichte Umstellung der Schäumtechnick erfordert. Für solche Umstellungen sind diese letzten Stunden und Tage.
Mit anderen Herausforderungen, die bei der letztjährigen Meisterschaft in Kolumbien so manchem Teilnehmer das Leben erschwert haben, müssen wir in Wien dafür nicht kämpfen. Die Baristameisterschaft 2011 fand auf über 2000 Metern statt, was nicht nur den Siedepunkt von Wasser verändert, sondern natürlich auch Folgen für die richtige Brühtemperatur hat.
Während Philipp auf der Nuova Simonelli Aurelia 2 mit Milch experimentiert, trainiert neben uns Adam Neubuauer aus Tschechien mit seinem Team. Der Schwede Per Nordell benutzt kurzzeitig unseren rechten Milchhahn, auch auf der Suche nach der richtigen Milch-Auswahl. Hinter uns an der Maschine feilt Dailess Nalwamba aus Zambia an ihrer Mühleneinstellung. Nach uns übernimmt Goran Huber, der Lokalmatador und österreichische Meister unsere Maschine. Viele kennen sich. Grüssen sich. Die Stimmung ist gut und erwartungsvoll.
Am Dienstag geht es für die ersten 28 Kandidaten los. Ab 8.00 Uhr kann die Veranstaltung per Livestream verfolgt werden. Via twitter und im Bohnenkult-Blog werde ich von der Veranstaltung berichten.