20 Jahre nach dem Ja Liechtensteins zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zieht Regierungschef Klaus Tschütscher für sein Land eine enthusiastische Bilanz. Der EWR habe zu einem Boom geführt, wie ihn selbst die kühnsten Befürworter nicht erwartet hätten.
Die Liechtensteiner Volkswirtschaft habe nach dem EWR-Beitritt „enorme Wachstumsraten“ verzeichnet, sagte Regierungschef Klaus Tschütscher im Interview mit der „NZZ am Sonntag“. Bei 36’000 Einwohnern stelle das Land über 33’000 Arbeitsplätze zur Verfügung. „Wir sind zu einem regionalen Arbeitgeberzentrum im Rheintal geworden.“
Der EWR-Vertrag habe eine neue Ära eingeleitet. Seien die Staatsverträge vorher darauf ausgerichtet gewesen, die Souveränität Liechtensteins zu sichern, habe die Mitgliedschaft im EWR die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. „Das Liechtensteiner Stimmvolk hat 1992 einen weitsichtigen Entscheid gefällt“, sagte Tschütscher.
Liechtenstein sagte am 13. Dezember 1992 mit rund 56% Ja zum EWR-Beitritt. Nur eine Woche zuvor hatte das Schweizer Stimmvolk den Vertrag bachab geschickt. „Nach dem Nein der Schweiz erhielten wir vom Bundesrat klare Signale, dass Liechtenstein seinen eigenen Weg gehen kann – und die Offenheit zur Schweiz gewahrt bleibt“, erinnert sich Tschütscher.
„Regulierungsflut“ als EWR-Nachteil
Die Nachteile des EWR sieht Tschütscher im einer „nicht zu unterschätzenden Regulierungsflut“. Nicht alles davon sei für Liechtenstein wichtig, „oder es ist auf grössere Länder zugeschnitten“. Hier gelte es, Prioritäten zu setzen, „und erst mal das umzusetzen, was für unsere Interessen wichtig ist.“
Für ein Land ohne eigenen Flughafen erübrige sich beispielsweise eine Behörde zur Überwachung des Luftraumes. Auch bleibt Liechtenstein laut Tschütscher von Beitragsforderungen Europas zur Bewältigung der Schuldenkrise verschont. Mit einem Landes-Budget von 900 Millionen Franken „können wir nicht mit Finanzhilfen aufwarten“.