Ein Wirtschaftsboom dank linker Reformen hat Boliviens Staatschef Evo Morales mit grossem Vorsprung in eine dritte Amtszeit getragen: Nach ersten Hochrechnungen errang der erste indianische Präsident des Anden-Staates bei der Wahl am Sonntag einen überwältigenden Erfolg.
Hochrechnungen sahen ihn bei mehr als 60 Prozent der Stimmen und damit 40 Prozentpunkte vor dem Zweitplatzierten. Morales feierte vor Anhängern einen «Triumph der Anti-Kolonialisten und Anti-Imperialisten».
Den Umfrageinstituten Ipsos und Mori zufolge gewann Morales in allen Regionen mit Ausnahme des nordöstlichen Departements Beni. Sein Herausforderer, der Zementmogul Samuel Doria Medina, landete weit abgeschlagen auf Platz zwei.
Sogar in der Wirtschaftsmetropole Santa Cruz, einst eine Bastion der Morales-Gegner, triumphierte der aus ärmsten Verhältnissen aufgestiegene Amtsinhaber. Den Hochrechnungen zufolge könnte seine Bewegung zum Sozialismus (MAS) auch 111 der 130 Sitze des Abgeordnetenhauses sowie 25 der 36 zur Wahl stehenden Senatssitze erobern. Sechs Millionen Wähler hatten sich registriert.
«Triumph der Anti-Imperialisten»
Nach Bekanntwerden der Zahlen strömten tausende Morales-Anhänger auf die Strassen. «Dies ist der Triumph der Anti-Kolonialisten und Anti-Imperialisten», rief Morales in einer Ansprache vor dem Präsidentenpalast in La Paz und widmete seinen Sieg unter grossem Jubel dem kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro, dem verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und allen «antiimperialistischen und antikapitalistischen Führern».
Morales war 2006 als erster indigener Politiker an die Spitze des lateinamerikanischen Staates gewählt worden und brachte seinem Land eine nie dagewesene politische und wirtschaftliche Stabilität. Er liess die Öl-, Gas-, Wasser-, Bergbau- und Telekommunikationssektoren verstaatlichen, erhöhte dank der Einnahmen die Unterstützung für Kinder, Ältere und Schwangere deutlich.
Zudem stärkte er die Rechte indigener Gruppen, die 65 Prozent der Bevölkerung stellen. Anders als von vielen Ökonomen vorhergesagt führten die Reformen nicht zum Kollaps, sondern brachten dem verarmten Land einen Boom. Im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaft um 6,8 Prozent, dieses Jahr werden fünf Prozent erwartet.
Anerkennung für Regierungsarbeit
«Der Wahlerfolg ist eine Anerkennung für die Regierungsarbeit», sagte der Politologe Reymi Ferreira. Die zersplitterte Opposition wirft Morales vor, im Kampf gegen Kriminalität, Drogenhandel und Korruption versagt zu haben. Doch gelang es seinen Gegnern nach Einschätzung Ferreiras nicht, eine eigene Vision für das Land zu entwickeln.
Nach seinem offenkundigen Triumph kann der 54-jährige Morales bis Januar 2020 im Amt bleiben. Laut der neuen Verfassung von 2009 sind zwar nur zwei Amtszeiten zugelassen. Doch urteilte das Verfassungsgericht im vergangenen Jahr, dass Morales‘ erste Amtszeit von dieser Regel ausgenommen ist.
Die Studentin Sonia Tika sagte in Santa Cruz, sie habe für Morales gestimmt, weil er «gute Dinge» getan habe. «Er hat Strassen gebaut, uns Computer gegeben und Essensmarken. Alles, wonach das Volk verlangt, gibt er.» In La Paz war die ganze Stadt mit Postern mit dem Slogan «Mit Evo geht es uns gut» gepflastert. Wahlwerbung der Opposition war dagegen kaum zu sehen.