Linkes Basel will Kauf des Hauptpost-Gebäudes prüfen

An der Freien Strasse wurde es gegen Samstagmittag noch enger als sonst: Vor der Hauptpost demonstrierten die SP, Gewerkschaften, Rentner- sowie diverse andere Organisationen gegen die geplante Schliessung. «Was Service Public ist, bestimmt das Volk, nicht die Post», lautete die Botschaft.

Regierungsrat Christoph Brutschin (SP) erhielt Applaus für seine Ankündigung, er wolle, dass die Stadt den Kauf des Gebäudes prüfe.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

An der Freien Strasse wurde es gegen Samstagmittag noch enger als sonst: Vor der Hauptpost demonstrierten die SP, Gewerkschaften, Rentner- sowie diverse andere Organisationen gegen die geplante Schliessung. «Was Service Public ist, bestimmt das Volk, nicht die Post», lautete die Botschaft.

Trotz einiger Regentropfen standen am Samstag um 11 Uhr über hundert Personen vor der Poststelle Basel 1 an der Ecke Freie Strasse / Rüdengasse, um gegen die von der Schweizerischen Post angekündigte Schliessung zu demonstrieren. Die Post erwäge die Schliessung, weil die Traditionsfiliale in der Basler Altstadt «stark defizitär» sei. Sie legt dabei die genauen Zahlen nicht offen – auf Anfrage werden etwa nicht einmal Angaben zum durchschnittlichen Kundenaufkommen herausgegeben.



Trotz des am Morgen noch trüben Wetters versammelten sich über 100 Personen vor der Post, um gegen die geplante Schliessung zu protestieren.

Trotz des am Morgen noch trüben Wetters versammelten sich über 100 Personen vor der Post, um gegen die geplante Schliessung zu protestieren. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Aufgerufen zum Protest hatte die SP Basel-Stadt; unterstützt wurde die Partei von den Juso BS, den Grünen BS, der BastA!, der Rentnerorganisation Avivo, dem Behindertenforum, dem VPOD und der Gewerkschaft Syndicom. Als Rednerinnen und Redner traten Brigitte Hollinger (Parteipräsidentin SP BS), Christoph Brutschin (Regierungsrat SP BS), Roland Lamprecht (Syndicom), Rita Schiavi (BastA!), Roberto Mascetti (Rentnerorganisation AVIVO), Georg Mattmüller (Behindertenforum, Grossrat SP BS) und Sarah Wyss (Grossrätin SP BS) auf.

Regierung soll Kauf prüfen

Schon in der Begrüssung der Basler SP-Präsidentin Brigitte Hollinger wurde deutlich, dass sich die Post in Basel auf verhärtete Fronten gefasst machen kann: Hollinger sagte, es sei der wählerstärksten Partei «schnell klar» geworden, dass dieser «Abbau des Service Public in der Stadt Basel nicht akzeptabel» sei. Sie fügte an, ein derartiger Abbau sei bei einem Unternehmen mit öffentlichem Auftrag, das hohe Gewinne schreibe und «überdurchschnittlich hohe Kaderlöhne» bezahle, «nicht zu tolerieren».



Brigitte Hollinger, Parteipräsidentin sp Basel-Stadt: Für die SP «war sehr schnell klar, dass es nicht akzeptabel ist, wenn der Service Public in der Stadt einfach so abgebaut wird».

Brigitte Hollinger, Parteipräsidentin SP Basel-Stadt: Für die SP «war sehr schnell klar, dass es nicht akzeptabel ist, wenn der Service Public in der Stadt einfach so abgebaut wird». (Bild: Gabriel Brönnimann)

Für einen Paukenschlag sorgte SP-Regierungsrat Christoph Brutschin. Die Strategie der Post, 90 Prozent der Bevölkerung müsse eine Filiale innert zwanzig Minuten zu Fuss erreichen können, habe landesweit wohl seine Gültigkeit, in einem Stadtzentrum könne das letztlich eine einzige Filiale bedeuten – «und das kanns ja nicht sein», so Brutschin. Die Regierung, fügte er an, suche den Austausch mit der Vermieterin der Liegenschaft – diese habe bereits eine Mietanpassung angekündigt. Brutschin strebe an, dass man «zu vernünftigen Konditionen in Verkaufsverhandlungen mit dem Kanton» trete.




(Bild: Gabriel Brönnimann)

Schliesslich, so Brutschin, sei die Rüdengasse 1 früher auch in Besitz des Kantons gewesen – ein Rückkauf des historischen Gebäudes zur Erhaltung der Post sei deshalb eine Option. Für diese Worte gab es Applaus.

Für Angestellte, Behinderte, Rentner, Anwohner und das Gewerbe



Roland Lamprecht von Syndicom sagte, der Stellenabbau und das Outsourcing, das die Post betreibe, sei «keine Strategie».

Roland Lamprecht von Syndicom sagte, der Stellenabbau und das Outsourcing, das die Post betreibe, sei «keine Strategie». (Bild: Gabriel Brönnimann)

Es gehe nicht nur um die Kundinnen und Kunden, sondern auch um die Belegschaft, sagte Roland Lamprecht von der Syndicom: «Die Belegschaft möchte wissen, wie es aussieht», doch die Post würde auch gegen innen nicht transparent kommunizieren. Ein Stellenabbau von 2000 Personen bei gleichzeitigem Outsourcing von Services mit all den üblichen Folgen wie Lohndumping sei einfach «keine Strategie», so Lamprecht, der ein Stellenabbau-Moratorium sowie mehr Transparenz von der Post forderte.



Rita Schiavi von der Basta! bemühte gar Lenin, der die Schweizer Post während seiner Schweizer Zeit als vorbildliches Unternehmen gelobt habe – «ein gut geführter Betrieb, der zu seinen Angestellten schaut», so Schiavi.

Rita Schiavi von der Basta! bemühte gar Lenin, der die Schweizer Post während seiner Schweizer Zeit als vorbildliches Unternehmen gelobt habe. (Bild: Gabriel Brönnimann)

BastA!-Vertreterin Rita Schiavi unterstrich ebenfalls, dass man sich nicht nur konkret für den Erhalt der Filiale, sondern gegen die Auslagerungs-Strategie der Post einsetze. Nicht umsonst habe schon Lenin die Schweizer Post während seiner Schweizer Zeit als vorbildlichen Betrieb gelobt, der gut geführt sei und zu seinen Angestellten schaue. Das gelte es zu erhalten.



Georg Mattmüller vom Behindertenforum machte darauf aufmerksam, dass Menschen mit Handicap auf Poststellen mit persönlicher Bedienung an Schaltern angewiesen seien.

Georg Mattmüller vom Behindertenforum machte darauf aufmerksam, dass Menschen mit Handicap auf Poststellen mit persönlicher Bedienung an Schaltern angewiesen seien. (Bild: Gabriel Brönnimann)

«Für Junge und Gesunde sind solche Entwicklungen weniger ein Problem, die sind noch im Saft», sagte Georg Mattmüller vom Behindertenforum Basel-Stadt – und meinte damit nicht nur die geplante Schliessung, sondern allgemein den Abbau von persönlich bedienten Service-Stellen. Behinderte und ältere Menschen seien aber auf persönliche Betreuung angewiesen – und auch deshalb sei der Erhalt von Personal für die Gesellschaft wichtig. Dasselbe betonte auch Roberto Mascetti von der Rentnerorganisation Avivo; er forderte einen «Rückkauf der Post durch die öffentliche Hand».



Roberto Mascetti von der Rentnerorganisation Avivo kritisierte den Schliessungs-Entscheid scharf: Auch er forderte einen Rückkauf der Post durch die öffentliche Hand.

Roberto Mascetti von der Rentnerorganisation Avivo kritisierte den Schliessungs-Entscheid scharf: Auch er forderte einen Rückkauf der Post durch die öffentliche Hand. (Bild: Gabriel Brönnimann)

Am Schluss betonte Grossrätin Sarah Wyss, der Protest gegen die Post-Schliessung sei breit abgestützt – die FDP sei die einzige Partei, die die gemeinsame Erklärung gegen die geplante Schliessung nicht unterzeichnet habe.



Sarah Wyss, Grossrätin SP Basel-Stadt, sprach ebenfalls gegen einen Abbau des Service Public.

Sarah Wyss, Grossrätin SP Basel-Stadt, sprach ebenfalls gegen einen Abbau des Service Public. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Dass die Filiale auch für Anwohner und das lokale Gewerbe viel bedeutet, war nicht nur an der gut besuchten Schalterhalle, sondern auch daran zu erkennen, dass der Punsch, der nach der Demo ausgeschenkt wurde, von einem Geschäft vis-à-vis gesponsert worden war.

Und wem das als Hinweis auf die breite Unterstützung für das Anliegen nicht gereicht haben sollte, für den trat auch noch ein Mann aufs Rednerpult, der sich als «Rentner aus Riehen» vorstellte und der dort von einer Filial-Schliessung persönlich betroffen sei. Nun könne er die Briefe zwar zur Drogerie bringen, für andere Sachen müsse er aber zur sehr viel weiter entfernten Post fahren – dabei habe es nie etwas von Service-Abbau geheissen.



Ein Riehener Bürger, der nach einer Filial-Schliessung nun je nach Fall an zwei verschiedene Orte gehen muss bei Post-Sachen, beklagte sich über «Rentner-Verarschung»: Von Service-Abbau sei nie die Rede gewesen.

Ein Riehener Bürger, der nach einer Filial-Schliessung nun je nach Fall an zwei verschiedene Orte gehen muss bei Post-Sachen, beklagte sich über «Rentner-Verarschung»: Von Service-Abbau sei nie die Rede gewesen. (Bild: Gabriel Brönnimann)

«Rentner-Verarschung», wetterte der Mann in den verregneten Basler Vormittag.

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