Die LISA-Pathfinder-Mission steht kurz vor der Aufnahme ihrer Arbeit: dem Test für den nächsten Gravitationswellen-Horchposten im All. Die Schweizer Technologie an Bord erfüllt ihre Aufgabe bisher fehlerfrei.
Als das LIGO-Konsortium vergangene Woche die Existenz von den von Einstein vorhergesagten Gravitationswellen bestätigte, öffnete sich ein neues Fenster ins Universum: Astronomen hoffen, künftig noch mehr dieser Verzerrungen des Raum-Zeit-Kontinuums zu messen und daraus neue Erkenntnisse über das Universum abzulesen.
Eine wichtige Rolle wird dabei die Laser Interferometer Space Antenna (LISA) der ESA spielen. Mit der LISA-Pathfinder-Mission führt die ESA derzeit einen aufwendigen Testlauf für das milliardenschwere Projekt durch, an dem auch Forschende um Domenico Giardini von der ETH Zürich und Philippe Jetzer von der Universität Zürich sowie der Schweizer Technologiekonzern RUAG Space beteiligt sind.
Würfel schweben frei
LISA-Pathfinder hat nun einen wichtigen Meilenstein im Prozess bis zu ihrem vollen Einsatz geschafft: Seit Dienstag schweben die beiden Testwürfel im Inneren des Satelliten frei im Raum.
Die Testwürfel aus einer Gold-Platin-Legierung sind das Kernstück von LISA: Freischwebend sollen sie möglichst völlig frei von anderen Einflüssen nur auf Gravitationswellen reagieren. Diese würden feinste Veränderungen in ihrer exakten Position zueinander auslösen, welche sich mittels eines Laserinterferometers messen lassen.
Die von der RUAG konstruierte Halterung liess sich einwandfrei zurückziehen. Am Montag liess sie den ersten, am Dienstag den zweiten Würfel los. Der unter anderem an der ETH Zürich entwickelte Steuermechanismus misst exakt die Position der Würfel und steuert den Satelliten so, dass er sich mit ihnen bewegt.
Steuerung funktioniert besser als erwartet
«Wenn man ein Objekt im Raum loslässt, fängt es an, sich zu bewegen – das ist die Schwierigkeit», erklärte Domenico Giardini von der ETH Zürich gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Das Steuersystem verhindere, dass die Würfel an die Wand stossen, indem es messe, wenn sie sich darauf zubewegen, und den Satelliten ausweichen lasse. «Bisher funktioniert es sogar besser als erwartet.»
«Das Loslassen der Würfel war ein kritischer Moment», sagte Philippe Jetzer von der Universität Zürich auf Anfrage der sda. Die beiden Kuben mussten während des Starts in der Halterung festgehalten werden. «Zum Beispiel hätten die Finger, die sie in Position hielten, beim Zurückziehen an den Würfeln kleben bleiben können», sagte der Physiker, der Teil vom Wissenschaftsteam der LISA-Mission ist.
Kurz vor Start in den «Wissenschaftsmodus»
Noch werden die Würfel mittels elektrostatischer Kräfte gelenkt, um sie etwa in der Mitte des Innenraums zu halten, in dem sie sich befinden. Am kommenden Dienstag soll auch dieses Hilfsmittel abgeschaltet und LISA-Pathfinder in den sogenannten «Wissenschaftsmodus» übergehen.
«In den kommenden Tagen geht der Steuermechanismus in eine höhere Auflösung, misst die Position noch exakter und bewegt den Satelliten mit den Würfeln mit», erklärte Giardini. Zwischen dem 1. und 4. März soll LISA-Pathfinder dann ihre tatsächliche Arbeit aufnehmen.
Gravitationswellen erspähen wird sie jedoch nicht. Die Mission dient der Vorbereitung auf ein Mammutprojekt, dass unter dem Kürzel eLISA (für evolved LISA) läuft. Voraussichtlich 2034 sollen die drei eLISA-Satelliten in Position gebracht werden, sodass sie im Abstand von je einer Million Kilometer zueinander ein Dreieck bilden.
Störungsfreie Messungen
Die Position von LISA-Pathfinder ist so gewählt, dass sich die Gravitationskräfte von Erde und Sonne gegenseitig aufheben. Die einzigen Gravitationskräfte, die auf die Würfel wirken sollen, sollen von Gravitationswellen stammen. An LISA-Pathfinder wollen die Forschenden unter anderem testen und sicherstellen, dass auch keine anderen Störfaktoren die Detektion der Raumzeit-Wellen stört.
«Es könnte sein, dass sich die Würfel elektrostatisch aufladen. Das würde ein viel stärkeres Signal erzeugen als das, was wir von Gravitationswellen erwarten», sagte Jetzer. Auch kosmische Strahlung könnte die Messungen empfindlich beeinträchtigen.
Ab März werden die LISA-Forschenden deshalb alle Komponenten gründlichen Tests unterziehen. «Wir werden wahrscheinlich recht bald wissen, ob es funktioniert, auch wenn alle Tests insgesamt neun bis zwölf Monate dauern», erklärte Jetzer.
Nachhall aus dem frühen Universum
Mit eLISA werden sich Gravitationswellen in einem anderen Frequenzbereich messen lassen als mit dem erdgebundenen Gravitationswellen-Observatorium LIGO, mit dem kürzlich der erste direkte Nachweis der Wellen glückte.
Die Forschenden hoffen, mit eLISA dereinst Gravitationswellen vom Verschmelzen supermassereicher Schwarzer Löcher erfassen zu können. Diese sitzen im Zentrum jeder Galaxie, und da Galaxien im frühen Universum noch viel näher beieinander lagen, fanden solche Kollisionen in dieser Phase relativ häufig statt.
eLISA wird auf den «Nachhall» dieser Kollisionen lauschen und damit weitere Geheimnisse des Universums lüften helfen.