Grossbritannien hat mit Ablehnung auf Pläne der EU-Kommission reagiert, künftig Flüchtlinge über Quoten auf alle EU-Länder zu verteilen. «Wir halten ein verpflichtendes System für die Umsiedlung nicht für die richtige Antwort», sagte ein Sprecher der Regierung.
«Wir werden jegliche Vorschläge der EU-Kommission, nicht-freiwillige Quoten einzuführen, ablehnen.» Die EU solle sich stattdessen auf die Bekämpfung von Schlepperbanden konzentrieren. Grossbritannien wolle die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden verbessern. Ausserdem sollten illegale Einwanderer effektiver zurückgeschickt werden.
In einem Leitartikel schrieb die «Times», das Vorhaben der Kommission einer Umverteilung von Flüchtlingen über Quoten sei eine «direkte Bedrohung für die britische Mitgliedschaft in der Europäischen Union».
Unter dem Druck anti-europäischer Kräfte hatte der konservative Premier David Cameron versprochen, die Einwanderung in Grossbritannien stärker zu beschränken. Er will 2017 eine Volksabstimmung über den Verbleib Grossbritanniens in der EU abhalten.
Migrationsstrategie der EU-Kommission
Die EU-Kommission will am Mittwoch ihre Migrationsstrategie vorstellen. Dabei wird sie in zwei Bereichen eine Flüchtlingsaufnahme und -verteilung vorschlagen: Einerseits geht es um schutzbedürftige Flüchtlinge, die bereits in Europa eingetroffen sind, die aber die Ankunftsländer im Süden wie Italien oder Griechenland überfordern.
Sie sollen unter den EU-Staaten über Quoten «auf Grundlage des Bruttoinlandproduktes, der Grösse der Bevölkerung, der Arbeitslosenquote» sowie der bisher aufgenommenen Asylbewerber umverteilt werden. Der Vorschlag soll nach dem Entwurf für die Migrationsstrategie «Vorreiter für eine dauerhafte Lösung» der Flüchtlingsverteilung sein.
Andererseits geht es um die Umsiedlung anerkannter Flüchtlinge von ausserhalb der EU, etwa aus Flüchtlingslagern rund um Syrien. Die EU-Kommission verweist darauf, dass das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Europa aufgefordert hat, mittelfristig pro Jahr 20’000 Menschen umzusiedeln.
Brüssel liess im Entwurf für die Migrationsstrategie vorerst noch offen, wie viele es sein werden. Nach den jüngsten Flüchtlingstragödien im Mittelmeer hatte die Kommission im April zunächst eine Zahl von 5000 vorgeschlagen, ein Sondergipfel zur Flüchtlingsfrage strich die Zahl aber dann aus seiner Abschlusserklärung.
Mogherini wirbt um Partnerschaft mit UNO
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini warb am Montag vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York für eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen zur Lösung des Flüchtlingsproblems und ein Mandat für einen robusten Militäreinsatz gegen Schlepper. «Wir können nicht alleine arbeiten. Wir brauchen eine Partnerschaft, wenn wir diese Tragödie beenden wollen», sagte Mogherini
Oberste Priorität sei es, Leben zu retten und weitere Verluste von Leben auf dem Meer zu verhindern. Das Geschäft mit dem Leid der Flüchtlinge sei «nicht nur ein humanitärer Notstand, sondern auch eine sicherheitspolitische Krise». Die Schlepperbanden hätten Verbindungen zu Extremistengruppen und würden «terroristische Aktivitäten» finanzieren.
Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten bei einem Krisengipfel unter anderem die Zerstörung von Schlepperbooten beschlossen, nachdem Mitte April mehr als 750 Flüchtlinge vor der libyschen Küste ertranken. Ein Militäreinsatz gegen Schlepper ist aber aus rechtlichen Gründen schwierig. Ohne ein Mandat der UNO dürfte die EU nicht in libyschen Hoheitsgewässern operieren.
Seit Jahresbeginn sind bereits mehr als 1800 Flüchtlinge bei der gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer ums Leben gekommen. Mogherini sagte vor dem Sicherheitsrat, diese «beispiellose Situation» erfordere eine «aussergewöhnliche Antwort».