«LuxLeaks»-Enthüller erklären sich für unschuldig

In Luxemburg stehen seit Dienstag drei Männer vor Gericht, die massgeblich an den Enthüllungen des «LuxLeaks»-Skandals über dubiose Steuervergünstigungen beteiligt waren.

Hauptangeklagter Antoine Deltour in der Affäre «LuxLeaks»: Der ehemalige Angestellte von PricewaterhouseCoopers (Mitte) und sein Verteidiger verlassen am Dienstag nach dem ersten Verhandlungstag das Gerichtsgebäude in Luxemburg. (Bild: sda)

In Luxemburg stehen seit Dienstag drei Männer vor Gericht, die massgeblich an den Enthüllungen des «LuxLeaks»-Skandals über dubiose Steuervergünstigungen beteiligt waren.

Die «LuxLeaks»-Affäre ins Rollen gebracht hatte 2014 das internationale Recherchenetzwerk ICIJ. Dieses deckte auf, dass hunderte Grosskonzerne wie Apple, Ikea und Pepsi mit Luxemburg für sie vorteilhafte Steuer-Vorbescheide getroffen hatten.

Bei diesen im Fachjargon genannten «Tax Rulings» legen Steuerbehörden dar, welche Steuerregeln wie zur Anwendung kommen. Gewisse Staaten interpretieren diese Steuer-Vorbescheide jedoch sehr breit und ermöglichen damit, dass Gewinne innerhalb eines Konzerns so verlagert werden, dass kaum Steuern bezahlt werden müssen. Im Ergebnis zahlten die Konzerne statt des Regelsteuersatzes von 29 Prozent fast gar keine Steuern auf erzielte Gewinne.

Der Anklage zufolge soll der damalige Angestellte des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC), Antoine Deltour, die Hauptquelle für den Journalisten Edouard Perrin gewesen sein. Er soll alleine am 13. Oktober 2010 innerhalb von 29 Minuten 2669 Dokumente mit 45’000 Seiten über Steuerdeals mit grossen Firmen aus dem Firmensystem herauskopiert und mitgenommen haben.

Perrin, der als erster Journalist über den Fall berichtete, soll später den PwC-Angestellten Raphaël Halet dazu gebracht haben, ihm weiteres Material zu besorgen.

Die Vorwürfe gegen die drei Franzosen reichen von Diebstahl, Verletzung von Geschäftsgeheimnissen bis zur Verletzung des Berufsgeheimnisses. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage angesetzt.

Deltour wurde am Dienstag vor dem Gerichtsgebäude von dutzenden Unterstützern empfangen, die applaudierten und «Danke Antoine» riefen. Vor Gericht sagte Deltour, er «erkenne die Substanz» der Tatsachen an. Seine beiden Mitangeklagten Halet und Perrin stritten die Vorwürfe dagegen ab.

PwC räumt Versäumnisse ein

Zu Beginn des Prozesses räumte die Leiterin der internen Überprüfung von PwC, Anita Bouvy, ein, dass der Zugang zu den «Luxleaks»-Dokumenten einfach war: «Ja, die Dokumente waren leicht zugänglich.»

Es sei wegen eines Mangels in der Software möglich gewesen, dass Deltour auf dem Umweg über einen Scanner Zugang zu Dokumenten fand, die eigentlich geschützt sein sollten, sagte Bouvy, weiter. Dies sei nach der Veröffentlichung geändert worden.

Auf Befragen von Deltours Anwalt Philippe Penning schätzte sie die Zahl der Personen, die zu den Dokumenten Zugang hätten, auf «etwa 12». Penning legte daraufhin Dokumente vor, wonach es pro Dokument durchschnittlich 649 Zugriffe mit durchschnittlich 86 Nutzern gegeben habe.

Bouvy sagte, Deltour habe «sehr gezielt» nach Steuervorbescheiden gesucht. Sie könne aber nicht ausschliessen, dass er «teilweise auch versehentlich» auf «Tax Rulings» gestossen sei.

Infolge der «LuxLeaks»-Enthüllungen leitete die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Prüfverfahren zum Steuergebaren mehrerer Firmen ein. Sie soll als Zeugin in dem Prozess aussagen.

Umstrittene Steuer-Vorbescheide

Ausserdem lösten die Enthüllungen eine europaweite Diskussion über Steuertricksereien aus. Die luxemburgische Regierung hatte ebenso wie PwC und die Unternehmen erklärt, diese Steuer-Vorbescheide entsprächen den geltenden Gesetzen.

Durch die Affäre war auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unter Druck geraten, der zuvor fast zwei Jahrzehnte Regierungschef und Finanzminister des Grossherzogtums war und für das Steuerdumping für internationale Grossunternehmen mitverantwortlich gemacht wird.

Das internationale Recherchenetzwerk, das die Praxis öffentlich machte, sorgte unlängst mit der Veröffentlichung der «Panama Papers» für weltweites Aufsehen.

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