Einen Monat vor der ersten Runde der Präsidentenwahl in Frankreich hat der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron seinen Favoritenstatus untermauert. In der ersten TV-Debatte überzeugte der frühere Wirtschaftsminister einer Umfrage zufolge am Montagabend am meisten.
Laut einer Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Elabe fanden 29 Prozent der Zuschauer Macron am überzeugendsten. Dahinter kam der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit 20 Prozent. Rang drei teilten sich Marine Le Pen und François Fillon. Letzter der fünf Kandidaten war der Sozialist Benoît Hamon.
Zu den umstrittensten Themen des Abends gehörten die Zuwanderung und Europa. Le Pen unterstrich in der Marathondebatte über fast dreieinhalb Stunden ihre EU-Skepsis. «Ich will die Präsidentin Frankreichs sein und nicht eine unbestimmte Region der Europäischen Union beaufsichtigen», sagte sie. «Ich will nicht die Vizekanzlerin von Angela Merkel sein.»
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Le Pen hat versprochen, den Euro in Frankreich abzuschaffen und eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft anzusetzen. Der einstige Umfragefavorit Fillon kritisierte die Flüchtlingspolitik Merkels als falsch. Doch den von Le Pen geforderten Euro-Austritt verurteilte er: «Sie sind dabei, das Land in ein regelrechtes wirtschaftliches und soziales Chaos zu ziehen», sagte Fillon.
Er warnte vor einem Abenteuer, das Kreditnehmer und Sparer ruinieren werde. «Man verlässt nicht die europäische Währung (…) und den Schutz der Europäischen Zentralbank.» Fillon bezeichnete Le Pen als «Serienkiller der Kaufkraft der Franzosen». Macron schloss sich der Kritik an.
Hamon abgeschlagen
Le Pen bezeichnete die Angriffe als Angstmacherei. Macron warf sie zudem den Mangel an verbindlichen Positionen vor. «Man weiss nicht, was Sie wollen», sagte Le Pen. «Wenn Sie es nicht verstanden haben: Im Gegensatz zu Ihnen will ich nicht mit Herrn Putin gemeinsame Sache machen», entgegnete Macron.
Er betonte überdies seine Unabhängigkeit. «Die herkömmlichen Parteien, die jahrzehntelang die Probleme von gestern nicht lösen konnten, werden dies auch morgen nicht können», sagte er.
Macron fuhr Le Pen auch in die Parade, als diese anderen Kandidaten vorwarf, «nicht das Interesse der Franzosen» sondern grosser Konzerne zu vertreten – und dabei auf Macrons Lebenslauf anspielte. Macron war früher Investmentbanker und diente unter dem aktuellen Präsidenten François Hollande von den Sozialisten als Wirtschaftsminister. «Ich werde Sie keine Verleumdung verbreiten lassen», hielt Macron ihr entgegen.
Blick auf die Prognosen
Le Pen und Macron haben laut Umfragen die besten Chancen, nach dem ersten Wahlgang am 23. April in die Stichwahl am 7. Mai einzuziehen. Dieses direkte Duell dürfte demnach dann Macron klar für sich entscheiden. Allerdings sind fast 40 Prozent der Wähler noch unentschieden. Und Demoskopen weisen darauf hin, dass viele Befragten nicht offen sagen wollen, für wen sie in der zweiten Runde stimmen würden.
Fillon galt lange als Favorit, bis ihn ein Skandal in der Wählergunst abstürzen liess. Der Konservative wird beschuldigt, seine Frau jahrelang zum Schein beschäftigt und dafür Hunderttausende Euro Steuergelder kassiert zu haben. Fillon weist dies zurück und hält trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft an seiner Kandidatur fest. Amtsinhaber Hollande tritt nicht erneut an. Zentrale Wahlkampfthemen sind die schleppende Konjunktur und die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Sicherheitslage nach mehreren islamistischen Anschlägen.