Der afrofranzösische Drummer Manu Katché (55) tritt heute Freitag im Burghof Lörrach auf. Mit seinen Studio- und Livejobs für Peter Gabriel oder Sting erlangte er Weltruhm. Ein Lebenslauf in sieben Grooves.
Der afrofranzösische Drummer Manu Katché (54) tritt am Freitag (10.1.) im Burghof Lörrach auf (20 Uhr). Mit seinen Studio- und Livejobs für Peter Gabriel oder Sting erlangte er Weltruhm, ehe er damit begann, sich auch zunehmend mit seiner eigenen Musik ans Publikum zu wenden.
Emmanuel Katché kam als Sohn von Einwanderern, die aus der Elfenbeinküste stammten, 1958 in Paris zur Welt. Ehe er mit sieben Jahren ersten Musikunterricht genoss, hatte ihn seine Mutter zum Ballettunterricht geschickt. Vielleicht wirkt es deshalb manchmal so, als tanze er auf seinen perkussiven Instrumenten so leichtfüssig.
1. Manu Katché solo: Splash!
Was Manu Katché kultiviert hat wie vor ihm einzig Police-Drummer Stewart Copeland, war der Einbezug der Splash-Becken, deren Bezeichnung selbstredend für ihren Klang ist. Diese setzt er ebenso als melodische Tupfer ein wie die Tom Toms, in deren Verwendung seine afrikanischen Einflüsse immer wieder lässig durchschimmern – selbst wenn er einen Halftime-Funk spielt wie hier in diesem ursprünglich als Werbevideo produzierten Film der Cymbal-Firma Zildjian. Aufgenommen in Peter Gabriels Real World Studios in Bath, in den 90er-Jahren.
2. Jan Garbarek
Manu Katché kam durch seinen Grossvater zum Schlagzeug. Dieser, so die Legende, soll ihm die ersten Drumsticks noch selber geschnitzt haben Keine zwei Jahre später besuchte Manu eine Musikschule, um dort in den nächsten vier Jahren fundierten klassischen Schlagzeug- und Perkussionsunterricht zu erhalten. Im Anschluss daran wurde ihm ein Stipendium für das Conservatoire National Supérieure de Musique de Paris angeboten, das Katché aber ausschlug, um – beeinflusst durch Platten von Miles Davis und ECM-Künstlern wie Garbarek, Keith Jarrett und John Abercrombie – seine Karriere als Jazzschlagzeuger zu beginnen. Seinen Schlagzeug-Stil bezeichnete Katché selbst einmal als ein «Amalgam aus afrikanischen Rhythmuskonzepten und klassischem Schlagzeugspiel, illuminiert durch die ad hoc entstehende Interaktion des Jazz.» Hier in einer Zusammenarbeit mit dem ätherischen Saxofonisten Jan Garbarek, den er auf vielen Tourneen begleitet hat.
«Ein guter Groove dringt in den Körper ein, fühlt sich an wie ein Orgasmus.»
3. Peter Gabriel
Der Mann, der ihn als erster auf die ganz grossen Bühnen brachte, war Peter Gabriel. In einem Interview vor ein paar Jahren sagte mir Katché, wieso sich die beiden so gut verstanden: «Ich traf Peter 1986 erstmals, als wir das «So»-Album aufnahmen. Bis dahin hatten mich Produzenten immer gebeten, doch etwas «im Stile von Steve Gadd» oder «im Stile von Jeff Porcaro» zu spielen. Peter Gabriel war so grosszügig und offen, dass er von mir wünschte: «Spiel dein Spiel!» Das zwang mich, meinen eigenen Stil zu definieren.» Auch im vergangenen Jahr, bei der Jubiläums-Tour von «So», stellte Katché seine unverwechselbaren Skills unter Beweis. Hier eine Aufnahme von «In Your Eyes» aus den 90er-Jahren.
4. Sting
Der Erfolg an der Seite von Peter Gabriel machte Manu Katché in den späten 80er-Jahren zum gefragten Sessiondrummer in Rockkreisen. Nebst Garbarek und Gabriel wurde Sting zum dritten grossen Job-Provider für ihn: das macht Sinn. Sting wusste mit Stewart Copeland bei The Police einen eigenwilligen, herausragenden Schlagzeuger an seiner Seite. Katché verfügte über die selben Skills, seine Liebe zu Splash-Effekten und akzentuiertem Drumming, auch in leisen Passagen, führte zu einer langjährigen Kooperation auf der Bühne und im Studio. Was ist ein guter Groove, Manu Katché? «Melodie und Rhythmus sind so stark ausbalanciert, dass alles wunderbar zusammenpasst, fliesst, so dass man nicht weiss, ob man sich in der Realität oder in einem Traum befindet. Ein guter Groove dringt in den Körper ein, fühlt sich an wie ein Orgasmus.»
5. Stephan Eicher
Auch ein Schweizer hat in den letzten 30 Jahren mehrfach die Groove-Dienste von Katché in Anspruch genommen: Stephan Eicher. Hier etwa eine TV-Aufnahme des gradlinigen Popsongs «Pas d’ami commes toi».
Die Studiojobs haben in den letzten zehn Jahren abgenommen. Zum einen hat er das Fernsehen als Nebenjob für sich entdeckt, präsentiert bei Arte die Musiksendung «One Shot Not». Zum anderen hat er sich zunehmend entschieden, seine eigene Musik auf die Bühne zu bringen: «Ich war immer privilegiert, mit grossartigen Musikern zu spielen, nun wollte ich das Risiko eingehen, mich mit meiner eigenen Musik zu versorgen. Vielleicht gefällt das nicht, aber ich denke, die Zeit ist reif dafür.»
6. Manu Katché
Wenn Schlagzeuger eigene CDs produzieren, spielen sie ihre technischen Fähigkeiten aus. Manu Katché wählt einen atmosphärischeren Weg, wie dieser Ausschnitt aus seinem eigenen Album «Neighbourhood» (2006) zeigt. Als ich ihn damals fragte, warum, antwortete er: «Ich habe keine Technik!» und verwies auf die Musik von Freunden wie dem Saxofonisten Joshua Redman oder dem Bassisten Marcus Miller. «Bei ihnen denkt man auch nie, dass sie ihre Fähigkeiten präsentieren wollen, sondern dass sie eine grossartige Atmosphäre schaffen. Das sollte auch für Schlagzeuger gelten « leider verwandeln einige die Drums aber in ein Zirkusinstrument.» Namen wollte Katché keine nennen, aber man sich denken, dass er etwa an Dave Weckl dachte, dessen Soloalben voller Virtuosität, nicht aber Musikalität waren. Katché dazu: «Das Schlagzeug kann ein sehr melodisches Instrument sein, es ist eine Schande, dass manche Leute diese Seite ausblenden. Vielleicht ist meine Annäherung an das Schlagzeug anders, weil ich Klavier und klassische Perkussion studiert habe.»
7. Peter Gabriel: «Secret World Live»
Es war für mich als Konzertbesucher ein Erweckungserlebnis der unvergesslichen Art: 1993 (oder war’s 94) gab Peter Gabriel dem Schweizer Publikum im Zürcher Hallenstadion Einblick in seine «Secret World». Wer dieses Konzert besuchte, wurde begeistert. Unglaublich stark die visuelle und technologische Umsetzung für diese Zeit, allein die Gadgets wie Closeup-Kameras, Laufband und doppelte Böden waren State of the Art. Von der herausragenden Besetzung ganz zu schweigen: Tony Levin am Bass sowie dem Chapman Stick und Manu Katché entzückten mit warmen und packenden Grooves, elegant banden sie Samples ein, changierten gekonnt zwischen atmosphärischen Einschüben und treibendem Rock. Erweitert durch Katchés Afro-Fills. Fantastisch! Hier, zum Abschluss und als Krönung, ein komplettes Konzert dieser unvergesslichen Show.