Die Annahme der Milchkuh-Initiative würde einschneidende Sparprogramme nach sich ziehen, warnt Finanzminister Ueli Maurer. Gespart werden müsste bei der Armee, den Bauern oder bei Bildung und Forschung.
Die Initiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» kommt am 5. Juni zur Abstimmung. Vor den Medien in Bern hat Maurer am Dienstag erläutert, warum der Bundesrat die so genannte Milchkuh-Initiative ablehnt. Die Regierung habe erkannt, dass es wegen des zunehmenden Verkehrs zu Engpässen auf der Strasse komme.
Mit dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) werde dafür aber eine pragmatische und massgeschneiderte Lösung vorbereitet. Dieses Geschäft liegt derzeit beim Parlament. Darin ist vorgesehen, dass die Strasse jährlich zusätzlich rund 700 Millionen Franken aus der Bundeskasse erhält.
Die Milchkuh-Initiative verlangt doppelt so viel. Einnahmen aus dem Strassenverkehr sollen grundsätzlich nur noch für den Strassenverkehr verwendet werden dürfen. Heute fliessen zwar der Mineralölsteuerzuschlag, die Einnahmen aus der Autobahnvignette und die Hälfte des Ertrags der Mineralölsteuer in die Strassenkasse.
Die andere Hälfte der Mineralölsteuereinnahmen auf Treibstoffen, knapp 1,5 Milliarden Franken pro Jahr, geht jedoch an die Bundeskasse. Auf diese Einnahmen müsste der Bund verzichten, wenn die Initiative angenommen wird.
«Nicht verkraftbar»
Der Bundesrat teile zwar die Analyse der Initianten, dass es für die Strasse mehr Geld brauche, sagte Maurer. Doch die Initiative schiesse übers Ziel hinaus. «Sie ist nicht umsetzbar, weil sie andere Bundesaufgaben gefährden würde.» Da die Initiative ohne Verzögerung wirke, fehlten im Bildungsbereich schon nächstes Jahr fast 400 Millionen Franken, der Armee 300 Millionen oder der Landwirtschaft 200 Millionen Franken.
«Das ist einfach nicht verkraftbar», sagte Maurer. Der Finanzminister erinnerte an die Einsparungen, die schon in diesem Jahr getätigt wurden, und das Sparprogramm für die kommenden Jahre: Der Bundesrat schlägt vor, dass der Bund ab 2017 gegenüber der ursprünglichen Planung rund 1 Milliarde Franken pro Jahr spart. Bei Annahme der Milchkuh-Initiative würde sich dieses Sparprogramm mehr als verdoppeln.
Darum gehe es bei der Initiative nicht nur um Verkehrsfragen, sondern um eine «Gesamtoptik», sagte der Finanzminister. Der Bund müsse verschiedene Aufgaben erfüllen. Es gelte, ein Gleichgewicht zu wahren.
Maurer hält auch nichts von der Milchbüchlein-Rechnung der Initianten, die selbst die Mehrwertsteuer zu den Strasseneinnahmen hinzurechnen. Schliesslich könne die Migros die bei ihr erhobene Mehrwertsteuer auch nicht wieder einfordern, sagte er. Es handle sich um Einnahmen für Aufgaben des Bundes.
Die eidgenössischen Räte lehnen die Milchkuh-Initiative ebenfalls ab, einen Gegenvorschlag gibt es nicht. Der Ständerat will den Initianten aber mit dem NAF ein Stück weit entgegenkommen. Letzte Woche hat er beschlossen, dass die Bundeskasse nicht mehr die Hälfte, sondern nur noch 40 Prozent der Mineralölsteuer-Einnahmen bekommen soll. 60 Prozent sollen für die Strasse verwendet werden.
Nicht ohne Kollateralschaden
Das sei kein Gegenvorschlag, sondern ein Kompromiss, sagte Maurer. Der Bundesrat stehe zu dieser Lösung, auch wenn sie schwierig genug umzusetzen sei. Damit habe die Initiative schon viel bewirkt. Mehr lasse sich ohne Kollateralschäden nicht erreichen.
Diese würden sich nicht zuletzt in den Randregionen bemerkbar machen, sagte der Berner Polizeidirektor Hans-Jürg Käser als Vertreter der Konferenz der Kantonsregierungen. Diese müssten beispielsweise mit überdurchschnittlich hohen Kürzungen bei regionalen Personenverkehr rechnen.