Mit 44 Jahren will Maya Pedersen-Bieri noch einmal Olympia aufmischen. Die Comeback-Saison verlief schmerzhaft, davon lässt sich die für Norwegen startende Bernerin aber nicht beirren.
Während Jacqueline Lölling zu ihrem ersten WM-Titel fährt, steht Maya Pedersen-Bieri fast unbeachtet im Zielraum der Eisbahn in Königssee. In der norwegischen Teamjacke versinkt sie geradezu, noch immer hat sie kein Gramm Fett zu viel am Körper. Als Pedersen-Bieri 2006 in Turin Olympiasiegerin wurde, war Lölling gerade mal elf Jahre und zehn Tage alt. Pedersen-Bieri, die bald auch den norwegischen Pass erhalten sollte, lacht: «Gut, jünger werde ich nicht mehr.» Zum alten Eisen zählt sie sich aber nicht. Sie will nicht als Touristin ein bisschen mitfahren.
Der Entscheid zum Comeback fiel Pedersen-Bieri leicht, der für die Nation weniger. «Ich habe lange ‚gewerweisst’», gibt sie zu. «Ich fühle mich als Schweizerin, aber ich lebe seit 17 Jahren in Norwegen und habe hier mein Umfeld.» Dieses war entscheidend beim Comeback. Als Ehemann Snorre Pedersen, der sie bereits zum Olympiasieg geführt hatte, zu Norwegens Nationalcoach berufen wurde, war die Sache klar. Auch die beiden Töchter hatten nichts einzuwenden.
Pedersen-Bieri wohnt in Öyer, wo bei den Olympischen Spielen 1994 in Lillehammer die technischen Wettbewerbe der Skifahrer stattfanden. Die Bobbahn in Hunderfossen ist lediglich zehn Minuten entfernt. Auch die Schule, in der die Wahl-Norwegerin eine 2. Klasse unterrichtet, bot Hand zu einer Lösung. Sie hat nun eine Vertretung, um ihre Abwesenheiten aufzufangen.
Drei Tage im Spital
Die Spiezerin hatte nie ganz aufgehört. «Und Skeleton fahren macht einfach immer noch Spass.» Auch wenn das Comeback äusserst schmerzhaft verlief. Anfang Saison wurde Pedersen-Bieri in Sigulda aus der Bahn katapultiert und verletzte sich schwer an den Rippen. «Ich musste drei Tage im Spital bleiben», erinnert sie sich. «Und dann fuhr ich bis Weihnachten unter grossen Schmerzen.» Sie war aber gezwungen, Europacup-Rennen zu fahren, um sich für höhere Aufgaben zu qualifizieren. Selbst für eine Olympiasiegerin gibt es keine Ausnahme, da Norwegen im Weltcup keinen Quotenplatz hatte.
Das erste Ziel hat Pedersen-Bieri erreicht. Sie ist nächste Woche bei der internationalen Trainingswoche in Pyeongchang dabei. Eine wichtige Voraussetzung, um bei Olympia nochmals etwas reissen zu können. Das Wort Medaille nimmt sie zwar nicht in den Mund, aber sie lässt durchblicken, dass sie sich etwas zutraut. «Das Ziel ist das gleiche wie in Turin: vier super Läufe runterzubringen. Dann sehen wir, wozu es reicht. Es kann alles passieren.»
Zulegen müsse sie vor allem körperlich, aber auch fahrerisch sei sie noch nicht auf dem Niveau von 2006. «Das Skeleton hat sich recht verändert in den letzten sieben, acht Jahren», stellt sie fest. «Die Frauen sind grösser, schwerer und schneller am Start.» Mit ihren rund 55 Kilo ist Pedersen-Bieri 15 Kilo leichter als die meisten Konkurrentinnen.
In Königssee waren am Start im 1. Lauf nur drei andere Fahrerinnen langsamer, im 2. Durchgang vier. Dennoch sind im Skeleton auch mit durchschnittlichen Startzeiten Topresultate möglich. Die neue Weltmeisterin Jacqueline Lölling gehört nicht zu den 20 besten Starterinnen, die viertplatzierte Anna Fernstädt lief im Schnitt sogar langsamer los als Pedersen-Bieri.
Mit 44 Jahren noch zu nervös
In Königssee hatte sie allerdings noch ein anderes Handicap. «Ich war dermassen nervös», verrät sie mit einem fast schon verlegenen Lächeln – trotz aller Erfahrung und Erfolge (Pedersen-Bieri war auch zweimal Weltmeisterin und gewann einmal den Gesamt-Weltcup). «Im 1. Lauf war ich so angespannt, dass die schlechteste Fahrt der letzten zwei Wochen herauskam.» Sie sei sich den Rummel mit Medien und so vielen Leuten einfach nicht mehr gewöhnt gewesen. Der 2. Lauf wurde wegen Schneefalls abgebrochen, so dass die Berner Oberländerin nur noch eine Chance hatte, Boden gutzumachen. In ihrer zweiten Fahrt liess sie sich – mit der hohen Startnummer 26 – die 20. Zeit notieren und verbesserte sich in den 24. Schlussrang. Zufrieden war sie damit natürlich nicht.
Bis in einem Jahr dürfte man in Südkorea eine stärkere Maya Pedersen-Bieri sehen. «Ich gewann 2006 mit 1,23 Sekunden Vorsprung. Mit solchen Fahrten wäre ich auch heute noch vorne dabei.» Jünger wird sie zwar nicht, an Ehrgeiz und Begeisterung hat sie aber nichts eingebüsst.