Nach einem massiven Polizeieinsatz bei geschlossenen Grenzen sind am Freitag wieder Hunderte Flüchtlinge nach Mazedonien gelangt. Zuvor waren mehrere Flüchtlinge bei Polizeigewalt verletzt worden.
«Die Polizei hat sich zurückgezogen, und wir sind reingekommen», sagte am Freitag gemäss der Nachrichtenagentur Reuters ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte. «Niemand hat uns aufgehalten», wurde er zitiert.
Die mazedonische Polizei war wenige Stunden zuvor an der geschlossenen Grenze zu Griechenland mit Tränengas gegen Flüchtlinge vorgegangen. Hinter Stacheldraht verschanzte Bereitschaftspolizisten feuerten auch Blendgranaten in eine aufgebrachte Menge, die beim Ort Gevgelija Einlass in die ehemalige jugoslawische Teilrepublik forderte.
Ein Team von Ärzte ohne Grenzen behandelte in der griechischen Grenzstadt Idomeni zehn Flüchtlinge, die durch Blendgranaten verletzt wurden, wie die Hilfsorganisation am Freitag mitteilte. Schon nach der Abriegelung der Grenze am Vortag habe das Team mehr als hundert Flüchtlinge wegen Erkrankungen und Erschöpfung medizinisch versorgt.
Tausende Flüchtlinge vornehmlich aus Syrien hatten die Nacht auf Freitag bei kühlen Temperaturen unter freiem Himmel im Niemandsland verbracht. Mazedonien hatte zuvor am Donnerstag an seinen Grenzen im Süden und Norden wegen der hohen Anzahl von Flüchtlingen den Ausnahmezustand ausgerufen und damit die Übergänge faktisch dichtgemacht. Zur Verstärkung der Grenzbeamten schickte die Regierung auch Soldaten.
Durchgangsland Richtung Norden
Mazedonien hat sich zu einem Haupt-Transitland für Flüchtlinge entwickelt, die über Griechenland weiter in die nördlichen Staaten der Europäische Union wollen. Seit Juni gilt ein Gesetz, das Flüchtlingen 72 Stunden Zeit gibt, durch Mazedonien zu reisen und dabei auch öffentliche Verkehrsmittel kostenlos zu nutzen.
Seitdem schwoll die Zahl der Flüchtlinge im Grenzort Gevgelija täglich an. In Griechenland waren allein im Juli 50’000 Menschen aus unterschiedlichen Staaten angekommen, weit mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Die Zahl der Menschen im Niemandsland vor der mazedonischen Grenze dürfte daher noch anwachsen.
Viele der Flüchtlinge versuchen, schnell durch Mazedonien über Serbien und Ungarn weiter nach Westen zu kommen. Ungarn baut derzeit einen Grenzzaun, um dies zu verhindern.
Kritik der UNO
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisierte am Freitag Mazedoniens Grenzschliessung. «Diese Flüchtlinge sind auf der Suche nach Schutz und dürfen davon nicht abgehalten werden», sagte Sprecherin Melissa Fleming. Europa müsse eine Lösung finden und dürfe die überlasteten Länder Mazedonien und Serbien nicht alleinlassen.
Auch der UNO-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres forderte Europa auf, die Einstellung zur Einwanderung zu überdenken, statt die Augen vor den Herausforderungen zu verschliessen.