Der Kanton Bern will wissen, ob ein späterer Schulbeginn an Mittel- und Berufsfachschulen den öffentlichen Verkehr entlasten würde. Er führt zu diesem Zweck an drei Gymnasien in der Region Bern eine Umfrage durch.
Die Umfrage soll zeigen, wie genau die Schüler zur Schule kommen, aber auch, welche Auswirkungen ein späterer Schulbeginn auf ihre Freizeit und das Familienleben hätte. Auch nach der Akzeptanz einer solchen Massnahme fragt ein unabhängiges Forschungsinstitut. 1200 Schüler, 2800 Eltern und 550 Lehrpersonen werden befragt.
Die Resultate der Umfrage sollen im Spätsommer dieses Jahres vorliegen. Danach entscheiden die bernische Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion und die bernische Erziehungsdirektion über das weitere Vorgehen.
Die Initiantin der Umfrage, die bernische Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer, sagte am Dienstag vor den Medien in Bern, es sei noch offen, ob es danach zu einem Test mit späterem Schulbeginn komme. «Wir wollen zuerst wissen, ob überhaupt eine Akzeptanz vorhanden ist.»
Arbeits- und Lebensgewohnheiten ändern
Egger sagte weiter, sie sei überzeugt, dass es zur Entlastung des öffentlichen Verkehrs zu den Spitzenzeiten nicht nur teure Ausbauten, sondern auch Änderungen der Arbeits- und Lebensgewohnheiten brauche.
Erste Berechnungen hätten gezeigt, dass es zu einer signifikanten Entlastung des öffentlichen Verkehrs im Raum Bern kommen würde, wenn die Gymnasien den Schulbeginn um eine Stunde nach hinten schöben. Egger geht von rund tausend Schülerinnen und Schülern weniger in Trams, Bussen und Zügen zwischen 7 und 8 Uhr morgens aus.
Mit der Umfrage will Egger nun vor allem eine fundierte Diskussion anstossen, wie sie sagte. Ein späterer Unterrichtsbeginn kommt für sie nur an Schulen der Sekundarstufe II in Frage, weil nur dort Schüler aus der ganzen Region oder dem ganzen Kanton unterrichtet werden und den öV benutzen.
Die bernische Verkehrsdirektorin glaubt auch, dass ein späterer Unterrichtsbeginn auch dem Biorhythmus der Jugendlichen besser entsprechen würde.
Ein Vertreter der bernischen Erziehungsdirektion und der Rektor des Berner Kirchenfeld-Gymnasiums machten aber klar, dass es für sie keine pädagogischen Gründe für eine Verschiebung des Unterrichtsbeginns nach hinten gibt. Das sei ein Verkehrsprojekt, kein pädagogisches Projekt, sagte der Vertreter der Erziehungsdirektion.
Er machte auch klar, dass seine Direktion negative Auswirkungen auf den Schulbetrieb nicht akzeptieren würde.
Auftrag aus Kantonsparlament
Egger führt die Umfrage nicht nur aus eigener Überzeugung durch. Der bernische Grosse Rat gab im November 2011 der Kantonsregierung auch den Auftrag zu prüfen, ob ein späterer Schulbeginn in den Stosszeiten «die Verkehrsspitzen glätten» könnte, wie dies der Kanton Bern formuliert.
Bern ist laut Egger nun der erste Kanton, der solche Massnahmen zusammen mit Schulen prüft.