Die «Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen» will die Schweizer Verbraucher vermehrt vor Kinder-Werbung, illegalen Geschäftsbedingungen und Bakterien schützen.
Wer sich die Mühe macht, die Allgemeinen Geschäfts-Bedingungen (AGB) seiner Bank genau durchzulesen, kann auf mehreren kleinbedruckten Seiten Erstaunliches und Ärgerliches entdecken. Zum Beispiel, dass der Kunde den Schaden trägt, «sofern der Bank kein grobes Verschulden nachgewiesen werden kann». Oder auch, dass die Bank sogar Zahlungen innerhalb der Schweiz «über internationale Kanäle» abwickeln – und Zahlungsverkehrsdaten «an Behörden und andere Dritte» weitergeben könne. Die Schweizer Datenschutzgesetze schützten den Kunden da nicht mehr.
Illegale Bestimmungen in AGBs
Doch seit dem vergangenen 1. Juli erlaubt Artikel 8 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) die Überprüfung solcher AGBs. Die Sache ist so bedeutend, dass die Uni Bern dazu ein spezielles Seminar durchgeführt hat. Und die Konsumentenschutzorganisationen, der deutschen, der französischen und der italienischen Schweiz, die sich zu einer Allianz zusammengeschlossen haben, sind daran, weit über den Bankensektor hinaus der Kundschaft einseitig aufgedrängte, kleingedruckte AGBs zu überprüfen. An ihrer Medienkonferenz in Bern gab die Allianz jetzt bekannt, nächstes Jahr werde sie mit Musterprozessen gegen illegale Bestimmungen in den AGBs verstärkt vorgehen.
Ob der seit April 2011 neue Artikel 3 des UWG konsequent durchgesetzt und Delinquenten verfolgt werden, wollen die vereinigten Konsumentenschützer ebenfalls überprüfen. Dabei geht es um den besseren Schutz der Telefonabonnenten vor kommerzieller Belästigung, um Gaunereien mit Telefon- und Adressregistern und um den Schutz von Teilnehmern an Kaffeefahrten, bei denen den Leuten überteuerte Ware aufgedrängt wird.
Handel legt Verfalldatum selber fest
Ein Dorn im Auge ist den Konsumentenschützern auch die Verschwendung von Lebensmitteln. Dieses Jahr haben Untersuchungen gezeigt, dass ein Drittel aller Lebensmittel gar nie konsumiert, sondern verschwendet werden – sei es bei der Produktion in der Landwirtschaft, bei der Verarbeitung oder nach dem Einkauf im Haushalt.
Die Sensibilität der Haushaltenden müsse verbessert werden, betonen die Vertreterinnen der Allianz. Aber die Verfalldaten auf den Produktepackungen seien entscheidend. Tests hätten gezeigt, dass die Hälfte der tiefgefrorenen Lebensmittel noch einen Monat nach Ablauf des Verfalldatums geniessbar sei. Erstaunlich dabei: Die Daten werden meist nicht durch unabhängige Stellen festgelegt, sondern durch die Händler selber. Kontrolliert werde nur, ob die Fristen nicht zu lang seien, wurde in Bern betont. Nicht aber ob die Verbrauchszeit zu kurz angesetzt sei. Dabei gilt: Je kürzer die Verbrauchsfristen, desto mehr brauchbare Ware wird weggeworfen und neue gekauft. Da wollen die Konsumentenschützer nun vermehrt objektive Kriterien für Haltbarkeitsdaten durchsetzen.
Gegen Zucker-Werbung und Bakterien
Abstellen wollen die Konsumentenschützer gezielt auf Kinder ausgerichtete Werbung für Zuckerzeug und ungesunden Fastfood. Dabei haben sie vorab Mc Donald’s im Visier, aber auch Coop und Migros: Diese «wichtigen Player im Schweizer Lebensmittelmarkt» sollen freiwillige auf Werbung für ungesunde Lebensmittel in Kindersendungen verzichten. Sonst brauche es eine gesetzliche Regelung.
Noch bedenklicher als Zuckerwaren und fettmachender Fastfood seien Antibiotika in Lebensmitteln, warnen die Konsumentenvertreter. Zwar seien Antibiotika als Leistungsförderer in der Schweizer Tierhaltung längst verboten. Doch würden sie vorab in Massenmastbetrieben durch Tierärzte «in grossen Mengen eingesetzt». Das führe auch in Lebensmitteln zu antibiotikaresistenten Bakterien: «Eine sehr bedenkliche Entwicklung.» Die Allianz will nun Hühner- und Schweinefleisch auf Antibiotikaresistenz testen. Und gestützt auf die Resultate Massnahmen fordern.
Eigenverantwortung der Konsumenten
Gegen solche gefährliche Mikroben kann der einzelne Konsument wenig machen. Schon bei den Verfalldaten hingegen kann man sich aber vermehrt auf die eigene Nase verlassen, statt nur auf das aufgedruckte Datum zu starren. Und wer mit den AGBs seiner Bank nicht einverstanden ist, der kann vor seiner Unterschrift unter das Kleingedruckte einfach bei «grobes Verschulden» mal «grobes» dick durchstreichen, ebenso den Passus über die weltweite Weitergabe von Daten an unklar definierte «Behörden und andere Dritte». Zu beobachten, wie die Bank auf so leicht abgeänderte AGBs reagiert, wäre mit Sicherheit interessant.