Der Plan von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Entschärfung der aktuellen Flüchtlingskrise ist im Europaparlament überwiegend positiv aufgenommen worden. Die meisten Fraktionen unterstützen seine Pläne.
Sprecher aller massgeblichen Fraktionen billigten den Vorschlag, zusätzlich 120’000 Flüchtlinge aus Ungarn, Griechenland und Italien auf die übrigen EU-Staaten zu verteilen. Juncker hatte in seiner ersten Rede zur «Lage der Union» eindringlich appelliert, das Flüchtlingsproblem gemeinsam und solidarisch zu bewältigen.
«Europa muss seinem humanitären Anspruch gerecht werden», betonte der Chef der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. Was arme Länder wie Jordanien oder der Libanon täten, müsse auch ein reicher Kontinent wie Europa schaffen, sagte der CSU-Politiker.
Die portugiesische Sozialistin Maria Rodrigues begrüsste Junckers Ankündigung, Vorschläge für eine legale Einwanderung in die EU vorzulegen. Notwendig sei ein «echter europäischer Migrationskalender». Ihr ungarischer Fraktionskollege Peter Niedermüller forderte mehr Solidarität unter den EU-Staaten. Dazu sei ein Verteilerschlüssel für die Aufnahme der Flüchtlinge nötig.
Globale Lösung nötig
«Wir brauchen ein legales Einwanderungssystem», verlangte auch der Chef der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt. Die Vorsitzende der Linksfraktion, Gabriele Zimmer, warnte vor der «Illusion», dass die Flüchtlingskrise rasch bewältigt werden könnte. Sie müsse – wie der Klimawandel – global behandelt werden.
Die österreichische Grüne Ulrike Lunacek unterstützte Junckers Forderung an die EU-Staaten, ihre Mittel für Entwicklungshilfe aufzustocken. Auch die Forderung des EU-Kommissionspräsidenten, den Flüchtlingen schon von Anfang an eine Arbeitserlaubnis zu gewähren, sei zu begrüssen.
Kritische Töne von Rechts
Kritische Töne kamen erwartungsgemäss von Rechtsextremen und Europaskeptikern, die Junckers Rede zur «Lage der Union» mehrfach mit Lauten Zwischenrufen unterbrachen. Die meisten Migranten seien Wirtschaftsflüchtlinge, betonte der britische Europagegner Nigel Farage. Zudem nutzten Aktivisten der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Flüchtlingsroute, um in die EU zu gelangen.
Der französische Rechtsextreme Florian Philippot warf der Brüsseler Kommission vor, sie wolle «160’000 illegalen Migranten» den Weg in die EU öffnen.
Eindringlicher Appell von Juncker
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Mittwoch Europa in einem eindringlichen Appell aufgerufen, die Flüchtlingskrise durch Aufnahmebereitschaft und Solidarität zu lösen. Er forderte die Verteilung von weiteren 120’000 Flüchtlingen über Quoten auf alle EU-Staaten.
Die EU müsse angesichts der Flucht hunderttausender Menschen «mutig und entschlossen» handeln, sagte Juncker im Europaparlament. Schon am kommenden Montag müssten bei einem Sondertreffen der Innenminister die entsprechenden Entscheidungen getroffen werden. Italien, Griechenland und Ungarn dürften mit der aktuellen Situation nicht alleingelassen werden.