Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat das Zurschaustellen von Angeklagten in Käfigen vor russischen Gerichten gerügt. Die Strassburger Richter stuften die verbreitete Praxis in einem Urteil am Donnerstag als menschenunwürdig ein und forderten Russland indirekt auf, sie abzuschaffen.
Den zwei Beschwerdeführern muss die Regierung in Moskau insgesamt 20’000 Euro Schadensersatz zahlen. Berufung gegen das Urteil ist nicht möglich.
Geklagt hatten zwei Russen, die während ihrer Prozesse wegen Überfällen und Diebstahls 2002 und 2003 in Metallkäfige eingesperrt waren. Prominente Angeklagte in Käfigen waren Ölmagnat Michail Chodorkowski oder die jungen Frauen der kremlkritischen Band Pussy Riot.
Diese Praxis könne nur als Erniedrigung und Herabwürdigung des Angeklagten eingestuft werden, hiess es in dem Urteil. Einen Menschen vor Gericht in einem Käfig zu halten sei «unvereinbar mit den Massstäben eines zivilisierten Verhaltens, das zu den Grundsätzen einer demokratischen Gesellschaft gehört», befanden die Richter.
Russland habe sich als Unterzeichner der Europäischen Menschenrechtskonvention dazu verpflichtet, ihre Grundsätze einzuhalten. Moskau solle dafür sorgen, dass derartige Fälle nicht mehr vorkommen.
Im Fall der zwei Beschwerdeführer hatte die kleine Kammer des Gerichtshofes bereits im Dezember 2012 geurteilt, dass die Vorführung der beiden Angeklagten in einem Käfig gegen die Menschenrechtskonvention verstösst. Die Regierung in Moskau hatte gegen das damalige Urteil Berufung beantragt.
Auch im Fall Chodorkowski hatte der EGMR in einem früheren Urteil entschieden, dass es für den ehemaligen Oligarchen demütigend gewesen sei, ihn im Gerichtssaal in einen Käfig zu sperren und so öffentlich zur Schau zu stellen.