Ein Blick auf die Geschäftszahlen von Weleda zeigt, wie Managementfehler zum Beinahe-Ruin geführt haben und wie der neue Chef das Unternehmen wieder auf Kurs gebracht hat.
Ende 2011 stand die Führung des Arlesheimer Traditionsunternehmens Weleda vor einem Scherbenhaufen, der Jahresverlust betrug 10 Millionen Franken. Daraufhin wurde die Führung komplett ausgetauscht und ein neuer Geschäftsführer nahm sich der Produzentin von antroposophischer Arzneimitteln und Naturkosmetik an. Seit Sanierer Ralph Heinisch übernommen hat, geht es Weleda wieder besser. 2013 konnte erstmals wieder nennenswerter Gewinn verzeichnet werden. Heinisch erklärte uns im Interview aus seiner Sicht, wo die gröbsten Fehler gemacht wurden und wie er das Unternehmen aus den roten Zahlen manövriert hat.
Folgende acht Grafiken erlauben einen anderen Blickwinkel auf die turbulente Vergangenheit von Weleda:
Das Betriebsergebnis, die Rentabilität und das Umsatzwachstum
Am EBIT (earnings before interest and taxes, Gewinn vor Zinsen und Steuern) lässt sich ablesen, wieviel Geld ein Unternehmen durch seine angestammte Geschäftstätigkeit erwirtschaftet. Anders als der Reingewinn enthält dieser Wert also keine Einnahmen durch Zinsen oder Beteiligungen an anderen Unternehmen.
Das Kerngeschäft von Weleda sind die Entwicklung, Produktion und Verkauf antroposophischer Arzneimittel und Naturkosmetik. Fällt der EBIT dramatisch, ist das ein alarmierendes Zeichen, das betroffene Unternehmen hat schwerwiegende Probleme. Im Schicksalsjahr 2011 ist der EBIT bei Weleda komplett eingebrochen, die Kosten waren im Vergleich zu den Einnahmen deutlich zu hoch. Der Finanzchef bei Weleda, Michael Brenner erklärt den Taucher so: «Vor 2010 erfreute sich Weleda über mehrere Jahre eines ständigen und grossen Umsatzwachstums. Das änderte sich im 2011 mit einem Umsatzrückgang von 0.3% gegenüber dem Vorjahr schlagartig, die Kosten sind aber weiter gewachsen.» Während sich der Umsatz in kurzer Zeit verändern könne, sei es auf Kostenseite kaum möglich, schnell zu reagieren.
Natürlich schlägt sich dies auch auf die Rentabilität nieder. Diese Kennzahl vergleicht den EBIT mit dem gesamten Umsatz, gibt also Aufschluss darüber, wieviel Gewinn ein Unternehmen im Kerngeschäft erwirtschaften kann.
Für den neuen Chef war die Situation also klar: Die Kosten mussten reduziert werden.
Liquidität und Geldfluss
Verdient ein Unternehmen operativ zu wenig Geld, gerät es bald in einen Liquiditätsengpass und hat Schwierigkeiten seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Ganz konkret: Weleda hatte Ende 2011 und Anfang 2012 Mühe, die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Das ist die höchste Eskalationsstufe einer Unternehmenskrise. Werden nicht schnellstmöglich Massnahmen ergriffen, droht der Konkurs. Dieses Szenario konnte die neu eingesetzte Unternehmensführung unter CEO Ralph Heinisch beispielsweise abwenden, indem sie die Vorräte und damit die Lagerkosten sukzessive reduziert hat.
Wieviel Geld in einem Unternehmen tatsächlich fliesst, zeigt die Geldflussrechnung. Als wichtigste Kennzahl gilt hier der operative Cashflow, ähnlich wie der EBIT gibt er Auskunft über das Kerngeschäft. Einnahmen, welche nur buchhalterisch stattfinden (beispielsweise durch Kursgewinne), sind darin jedoch nicht enthalten. Die Kostensenkungen ab 2012 sind hier besonders gut zu erkennen.
Personalbestand
Einer der grössten Kostenfaktoren in einem Unternehmen ist das Personal, weshalb Sanierungen oft mit Entlassungen einhergehen. Auch Weleda griff zu dieser Massnahme, knapp 130 Stellen wurden gestrichen. Der grösste Teil des Personalabbaus ging jedoch ohne Kündigung vonstatten. Entlassen wurden fast ausschliesslich Führungspersonen. CEO Heinisch gab im Interview zudem bekannt, dass Weleda Ende 2014 wieder mehr Menschen im Unternehmen haben werde als 2012.
Investitionen
Wer Kosten senken will, gibt weniger Geld aus. Das ist eine Binsenwahrheit, gleichwohl höchst effektiv. Ab 2012 hat Weleda schlagartig damit aufgehört, in die Infrastruktur zu investieren. Zwar will CEO Heinisch nicht von «Einsparungen» sprechen, die Grafik zeigt jedoch, wie einschneidend seine Sanierungsmassnahmen gewesen sind. Der Cashflow aus Investitionen ist nach seinem Antritt komplett eingebrochen. Diese Kennzahl ergibt sich, wenn man von den Investitionen die Devestitionen (beispielsweise der Verkauf einer Maschine) abzieht.
Auffällig ist, wie hoch die Investitionen im Schicksalsjahr 2011 gewesen sind. Waren Panikmassnahmen der Führungsequipe verantwortlich? Finanzchef Brenner verneint: «Ich sehe daraus keine Fehlinvestitionen. Im Gegenteil, unsere Infrastruktur ist heute in bestem Zustand.» Die Anlagen seien so gut, dass man problemlos einige Jahre ohne Grossinvestitionen auskomme. «Wir haben in der Auslastung unserer Anlagen noch Luft nach oben», sagt Brenner. Die hohen Investitionen vor 2011 seien ebenfalls auf das erwartete Umsatzwachstum zurückzuführen, das aber in diesem Ausmass damals nicht eingetreten ist.
Verschuldung
Die langfristige Stabilität eines Unternehmens lässt sich unter anderem an der Verschuldung ablesen. Je mehr Schulden ein Unternehmen hat, desto grösser ist die Belastung durch Zinsen und desto anfälliger ist es für Risiken. Die Eigenkapitalquote zeigt welcher Teil der Bilanzsumme aus eigenen Mitteln besteht. Wie die Grafik zeigt, nahm der Anteil Eigenmittel bis 2011 stetig ab. Es wurden also Schulden angehäuft.
Nun hat Weleda unter Heinisch genau das Gegenteil getan: Die Schulden konnten kontinuierlich abgebaut werden. Und werden auch weiterhin reduziert, wie Brenner sagt. Heute stammen nur noch zwei Drittel des Weleda-Kapitals aus fremder Hand.