Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die ukrainische Regierung angewiesen, die inhaftierte ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko in einem „geeigneten Spital“ behandeln zu lassen. Die 51-Jährige müsse eine angemessene Behandlung erhalte, forderte das Gericht.
Gemäss Artikel 39 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof in dringenden Fällen eine „vorläufige Massnahme“ anordnen, was einer einstweiligen Verfügung entspricht.
Diese Massnahme gelte „ab sofort“ und sei somit unverzüglich zu befolgen, erläuterte eine Sprecherin des Gerichtshofes am Freitag in Strassburg. Das Gericht erwarte nun von der Ukraine Angaben über die Art und Weise, wie seine Anordnung umgesetzt werde.
Mit dem Fall wird sich auch das Ministerkomitee des Europarats befassen, in dem die Aussenminister der 47 Mitgliedsländer vertreten sind. Das Gremium hat unter anderem die Aufgabe, die Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs für Menschenrechte zu überwachen.
Bandscheibenvorfall?
Die ehemalige Anführerin der orangenen Revolution in der Ukraine ist seit August im Gefängnis. Im Oktober wurde sie wegen Machtmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Timoschenko leidet an starken Rückenschmerzen.
Ihrer Tochter zufolge hat sie einen Bandscheibenvorfall und einen Leistenbruch und kann kaum noch gehen. Zwei Ärzte der Berliner Universitätsklinik Charité hatten die Politikerin Mitte Februar gemeinsam mit drei kanadischen Kollegen im Gefängnis von Charkiw untersucht. Auch sie empfahlen die Behandlung in einer Spezialklinik.
Timoschenko will nach Berlin
Der ukrainische Generalstaatsanwalt und das Gesundheitsministerium hatten Anfang März signalisiert, Timoschenko eine Behandlung ausserhalb der Haftanstalt zu gewähren.
Nach Angaben der ukrainischen Behörden lehnt Timoschenko eine Behandlung ihrer Rückenschmerzen im Gefängnis ab. Sie fordere stattdessen die Überstellung an die Charité. Auch ein von ukrainischen und deutschen Spezialisten vorgeschlagenes Therapieprogramm in der Haftanstalt lehne sie „kategorisch“ ab.