Bei ihrem Besuch in Japan hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eine friedliche Beilegung von Konflikten in Ostasien angemahnt. Eine Aussöhnung sei nur möglich, wenn sich Länder ihrer Vergangenheit stellten, sagte Merkel zudem am Montag in Tokio.
70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges spielte sie damit auf die umstrittene Aufarbeitung der japanischen Besatzungszeit in China und Korea an. «Dennoch glaube ich, dass jedes Land seinen eigenen Weg finden muss», sagte sie später in einer gemeinsamen Medienkonferenz mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe.
Deutschland sei trotz seiner Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und für den Holocaust wieder in die Völkergemeinschaft aufgenommen worden, weil es sich seiner Verantwortung gestellt habe, sagte die Kanzlerin in einer Rede vor der Asahi-Stiftung.
«Bereitschaft, Dinge beim Namen zu nennen»
Europa habe aber insgesamt aus den jahrhundertelangen Kriegen gelernt, man sei nach 1945 ein Stück aufeinander zugegangen. «Ohne diese grossen Gesten auch unserer Nachbarn wäre das alles nicht möglich gewesen. Aber auf der anderen Seite gab es eben auch eine Bereitschaft in Deutschland, Dinge beim Namen zu nennen.»
Sie vermied damit, im Streit zwischen China und Südkorea mit Japan klar Stellung zu beziehen. Die Regierungen in Peking und Seoul werfen Japan vor, sich nicht zu der eigenen Schuld zu bekennen.
Ohne den Inselstreit zwischen China und etlichen Nachbarstaaten im ost- und südchinesischen Meer namentlich zu erwähnen, forderte Merkel eine friedliche Lösung des Territorialstreits. «Diese Seewege verbinden unter anderem Europa mit diesem Teil der Welt. Ihre Sicherheit berührt deshalb auch uns in Europa», sagte sie.
Grundlage einer Lösung müsse das internationale Seevölkerrecht sein. Das Pochen auf die Unverletzbarkeit nationaler Grenzen sei auch der Grund gewesen, wieso die Europäer hart auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und die Destabilisierung der Ostukraine reagiert hätten.
Energiewende wegen Fukushima-Katastrophe
Vier Jahre nach der verheerenden Natur- und Atomkatastrophe in Japan warb Merkel auch für eine Abkehr von der Atomenergie. «Es können die unwahrscheinlichsten Risiken auftreten», sagte sie mit Blick auf die Kernschmelze im Atomkraftwerk von Fukushima. Sie war durch ein Erbeben und einen Tsunami am 11. März 2011 ausgelöst worden.
In einer Diskussion mit Professoren und Studenten machte sie deutlich, dass der GAU für sie der Grund zur politischen Umkehr war: «Deshalb habe ich zusammen mit anderen (…) diese Entscheidung getroffen, dass das letzte Kernkraftwerk im Jahr 2022 vom Netz geht.»
Ministerpräsident Shinzo Abe antwortete später an der Medienkonferenz auf die Frage, warum er gegen den Willen der Bevölkerung Reaktoren wieder anfahren wolle, Japan könne seinen Energiebedarf noch nicht mit erneuerbaren Energien decken. Das Land sei bei der Energieversorgung noch zu sehr auf Atomkraft angewiesen.
Japan hatte infolge der Kernschmelze in Fukushima sämtliche Atomreaktoren zu Sicherheitsüberprüfungen abgeschaltet. Inzwischen haben 4 der 48 Reaktoren grünes Licht zum Wiederanfahren.