Die Union gewinnt überaus klar, die SPD legt leicht zu, die FDP erleidet ein Debakel, die eurokritische AfD verpasst den Einzug in den Bundestag nur ganz knapp. Doch mit wem die CDU jetzt regieren wird, ist noch völlig offen.
Es würde eine lange Nacht geben, bis alle Entscheidungen feststehen: Das zeichnete sich schon am Sonntagabend nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung ab. Trotz des überwältigenden Vorsprungs von Angela Merkels Union blieb es sehr, sehr spannend – bis 2 Uhr 45. Dann wurde das Endergebnis amtlich: CDU und CSU kommen auf 41,5 Prozent (2009: 33,8 Prozent), die SPD auf 25,7 Prozent (23,0), die Grünen sacken auf 8,4 Prozent (10,7) ab und auch die Linke verliert – 8,6 Prozent (11,9).
Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) verpasst den Einzug in den Bundestag nur knapp mit 4,7 Prozent, was die neue Partei als Erfolg feiert.
Ähnlich schneidet die FDP ab – für sie eine brutale Niederlage. Im Vergleich zur letzten Wahl verliert die Partei rund zehn Prozent. Die Liberalen fliegen raus aus dem Parlament.
Gescheitert sind auch die Piraten – mit rund 2 Prozent. Doch über die Bewegung, die vor wenigen Monaten noch als Sensation galt, spricht heute schon fast niemand mehr. Inzwischen melden verschiedene deutsche Medien, dass sowohl der Vorstand von FDP wie auch der Grünen nach der Wahlniederlage ihre Rücktritte angeboten hätten.
Umso mehr wird nun spekuliert, wie Deutschland weiterregiert werden soll. Nach der zweiten Hochrechnung um 19 Uhr hatte es noch danach ausgesehen, als würde die Union sogar die absolute Mehrheit erreichen. Danach fiel sie allerdings wieder leicht drunter, was sich bis 2 Uhr 45 nicht mehr ändern sollte.
Die FDP trauert
Klar ist nach dem Debakel der FDP, dass eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition nicht möglich sein wird. «Das ist die bitterste Stunde in der Geschichte unserer Partei», sagte FDP-Chef Philipp Rösler – und deutete seinen Rückzug an. Vielsagend sprach er von einer «persönlich-politischen Verantwortung», die er übernehme. Ganz ähnlich äusserte sich auch FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle in eigener Sache. Als Fraktionschef ohne Fraktion könne er allerdings nicht einmal mehr zurücktreten, frotzelte die «ARD».
Merkel lässt feiern
Während die Liberalen trauern, darf in der CDU gefeiert werden. Das jedenfalls sagte Angela Merkel am Sonntagabend, als sie von einem «Superergebnis» sprach. Lange durfte sie sogar noch auf eine absolute Mehrheit hoffen. Da so viele Stimmen wie noch nie an Parteien gingen, die an der Fünfprozenthürde scheiterten. Insofern wäre auch die absolute Mehrheit so einfach zu erreichen gewesen wie noch selten zuvor.
Gemäss dem vorläufigen amtlichen Endergebnis haben CDU/CSU im neuen Bundestag 311 Sitze (2009: 239), die SPD 192 (146). Die Grünen kommen auf 63 Mandate (68), die Linke auf 64 (76). Die bisherige Opposition hält damit 319 Mandate.
Bevor das Endresultat feststand, wollte sich Steinbrück nicht an «irgendwelchen Spekulationen» über mögliche Koalitionen beteiligen, wie er sagte. Der Ball liege im Spielfeld von «Frau Merkel». Sie müsse nun eine Mehrheit suchen, allenfalls auch mit Hilfe eines Koalitionspartner. Sowohl die SPD als auch die Grünen machten allerdings bereits am Sonntagabend in der «Berliner Runde» von ARD und ZDF deutlich, wie wenig Lust sie auf eine Zusammenarbeit mit Merkels Partei verspürten.
Für die SPD ist die grosse Koalition nicht attraktiv, dazu ist der Abstand zur CDU zu gross, die Kräfteverhältnisse zu unterschiedlich. «Wir haben Erfahrungen mit der grossen Koalition, und die sind nicht besonders positiv», zitiert Spiegel-Online Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens. «Das ist ein Thema, das in unserer Partei sehr schwierig ist.»
Was aber passiert, wenn sich die SPD verweigert? Rot-Rot-Grün hätte zwar eine Mehrheit, eine Koalition mit der Linken schlossen SPD und Grüne bisher aber kategegorisch aus. Doch auch Merkels mögliche Koalitionspartner wissen: Wenn es zu keiner Einigung kommt und im schlimmsten Fall sogar Neuwahlen durchgeführt werden müssen, setzen sie viel aufs Spiel. Aus dieser Wahl könnte Merkel noch stärker hervorgehen.
Doch auch auf sie kommen bei der Suche nach einem Koaltionspartner jetzt schwierige Tag zu, wie es in unserem Kommentar heisst – trotz ihres Triumphes.
Alles weitere zur Landtagswahl in Hessen finden Sie auch bei uns im Artikel «Schwarz-Gelb abgewählt».
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Mehrfach aktualisiert mit Endergebnis, ersten Reaktionen auf mögliche Koalitionen und diversen weiteren Informationen.