Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt bei ihren Vorbehalten gegen eine türkische EU-Mitgliedschaft, will aber den Verhandlungsprozess zwischen Ankara und Brüssel dennoch voranbringen. Das kam bei ihrem Treffen mit Amtskollege Recep Tayyip Erdogan zum Ausdruck.
Sie wolle, dass ein weiteres Verhandlungskapitel in den türkischen EU-Gesprächen eröffnet werde, sagte Merkel am Montag in einer vom türkischen Fernsehen übertragenen Medienkonferenz mit Erdogan in Ankara. Angesichts des Stillstands im türkischen Annäherungsprozess an die EU in den vergangenen Jahren wäre es schon ein Fortschritt, wenn nun ein zusätzliches Kapitel eröffnet werde.
Die Türkei hat in den seit acht Jahren laufenden Beitrittsgesprächen bisher erst 13 von 35 Verhandlungskapiteln angehen können. Einige Kapitel sind wegen des ungelösten Zypern-Konflikts gesperrt.
Merkel rief Erdogan deshalb auf, das so genannte Ankara-Protokoll zur Anerkennung des EU-Mitgliedes Zypern zu unterzeichnen. Die Türkei will die zur EU gehörende griechische Inselrepublik aber erst anerkennen, wenn die EU ihre Isolierung des türkischen Inselteils aufgibt, wie Erdogan in Erinnerung rief. Die Mittelmeerinsel ist seit einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention von 1974 geteilt.
Erdogan: Türkei schon so gut wie EU-Mitglied
Erdogan sagte, er habe der Kanzlerin für die Hilfe Deutschlands im Rahmen der Patriot-Mission der NATO gedankt und um Unterstützung des türkischen Beitrittsprozesses gebeten. Die Türkei betrachte sich wegen der vielen bestehenden Verträge mit der EU und wegen der fünf Millionen Türken in Europa „ohnehin so gut wie ein Mitglied“. Nur müssten noch einige Probleme ausgeräumt werden.
Merkel sicherte der Türkei zudem die Unterstützung Deutschlands bei der Verfolgung von Mitgliedern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu. Sie forderte die Türkei aber auch auf, die Rechte von Religionsgemeinschaften und Journalisten zu achten.
Vor dem Treffen mit Erdogan war Merkel vom türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül empfangen worden.