Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Generaldebatte im deutschen Bundestag klar gemacht, dass sie an ihrer Flüchtlingspolitik festhalten will. Damit stemmte sie sich gegen die zunehmende Kritik auch aus den eigenen Reihen.
Bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise habe es grosse Fortschritte gegeben. «Die Situation heute ist um ein Vielfaches besser als vor einem Jahr», sagte sie vor dem Parlament.
Zugleich versprach sie, Sorgen in der Bevölkerung ernst zu nehmen. «Die Menschen dürfen verlangen, dass wir das Menschenmögliche tun, um ihre Sicherheit zu gewährleisten», sagte Merkel.
«Deutschland wird Deutschland bleiben – mit allem was uns daran lieb und teuer ist», versicherte die Bundeskanzlerin. An alle Bundestagsparteien appellierte sie, gegen die rechtspopulistische AfD zusammenzuhalten.
Merkel warnte davor, nach dem jüngsten Wahlerfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern deren Parolen zu übernehmen. Die Partei sei eine «Herausforderung für uns alle in diesem Hause».
Es dürfe nicht auf einen «kleinen Vorteil» spekuliert werden, um «irgendwie mit einem blauen Auge über einen Wahlsonntag zu kommen. Damit könnten nur jene gewinnen, die »auf Parolen und scheinbar einfache Antworten“ setzten.
Leben gerettet
Bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern am vergangenen Sonntag war Merkels CDU hinter SPD und AfD nur noch auf Platz drei gekommen und unter die 20-Prozent-Marke gerutscht. Die CSU – aber auch Teile der CDU – fordern von Merkel seither wieder nachdrücklich eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik.
Die Bundeskanzlerin verteidigte erneut das umstrittene Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei. Die Vereinbarung sei «in beiderseitigem Interesse», sagte Merkel.
«Es ist, seitdem wir dieses Abkommen haben, so gut wie niemand mehr in der Ägäis ertrunken», sagte sie. Die Kanzlerin wehrte sich gegen den Vorwurf, vor dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen Kotau zu machen. Wenn die Türkei die Menschenrechte verletze, werde dies auch «beim Namen genannt».
«Gute Regierungsarbeit» in Gefahr
Die Opposition ging während der Debatte mit der grossen Koalition aus Christ- und Sozialdemokraten hart ins Gericht. Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl sei das Regierungsbündnis «de facto am Ende». Die wechselhafte Flüchtlingspolitik führe zu einer grossen Verunsicherung.
CDU, CSU und SPD arbeiteten allesamt nur noch auf eigene Rechnung. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: «Diese Koalition ist eine Koalition des Chaos‘ – jeder gegen jeden.»
CSU-Chef Horst Seehofer warf sie vor, das Geschäft der Rechtspopulisten zu übernehmen. «Wer jeden Blödsinn der Populisten nachplappert, der muss sich nicht wundern, wenn sie dann gewählt werden.»
Die Koalitionspartner ihrerseits hielten sich mit Angriffen weitgehend zurück. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte die CDU/CSU davor, mit «Phantomdebatten» der AfD in die Hände zu arbeiten. Deren Fraktionschef Volker Kauder mahnte, durch Streit in den letzten zwölf Monaten die Bilanz einer «gute Regierungsarbeit» zu schmälern.