Die Solikarte ermöglicht anonymes Spenden mit Cumulus-Punkten. Über 120’000 Franken konnte so an regionale Hilfsorganisationen gespendet werden. Trotz grossem Erfolg will die Migros das Projekt nicht mehr weiter unterstützen.
Die Solikarte nahm von den Grossen und gab es den Armen. Nun ist die Spendenaktion selber einer der Grossen. Ihr Todesurteil.
Ende 2009 hatte die St. Gallerin Debora Beuss eine Idee: solidarisches Cumulus-Punkte-Sammeln. Die mit der sogenannten Solikarte gewonnen Migros-Gutscheine werden an Hilfsbedürftige verteilt. Dank dieser Idee konnten mittlerweile schon über 120’000 Franken an Gutscheinen abgeschöpft werden. Diese werden an regionale Organisationen, welche im Asyl- und Migrationsbereich tätig sind, verteilt.
Das System der Solikarte ist effizient. Alle Cumulus-Punkte landen auf einem zentralen Konto, alle Solikarten haben einen identischen Strichcode. So kann die Solikarte beliebig oft kopiert und verteilt werden. Der administrative Aufwand für die Spender beschränkt sich auf das Bestellen und das Zücken der Karte. «Die Einfachheit dieses Systems ist Teil des Erfolgs», sagt Cora Dubach, Mitinitiantin der Solikarte.
Anonymes Spenden und Einkaufen
Viele der Spender schätzen an der Solikarte, dass sie ihre Daten im Unterschied zur normalen Cumulus-Karte nicht preisgeben müssen. Die Migros schätzt das weniger, deren Allgemeine Geschäftsbedingungen sehen nämlich vor, dass eine Cumulus-Karte (und damit ein Strichcode) nur innerhalb eines Haushalts gebraucht werden darf.
Die Migros wehrte den Anfängen der Solikarte dennoch nicht. Die Startbedingungen waren also gut. Jedoch hat das System der Solikarte einen entscheidenden Schwachpunkt: der Erfolg ist ihr Ende. Umso grösser die Aktion wird, umso grösser ist der Daten-Verlust der Migros.
Nach zwei Jahren war dann die kritische Grösse erreicht: Die Migros wollte das Konto der Solikarte schliessen. Sie störte sich an der Anonymität, beziehungsweise am Datenverlust. Daraus machte sie nie einen Hehl. Das liessen sich die Initiantinnen der Solikarte nicht gefallen, es gelang ihnen mit rund 600 unterschriebenen Protestformularen und entsprechenden Medienberichten öffentlichen Druck aufzubauen. So lenkte die Migros vorerst ein. Mehr noch: «Sie garantierten uns, dass die Solikarte unbeschränkt weiterwachsen darf», sagt Dubach. Dieses Versprechen kam im Sommer 2012.
Schlechte Karten für die Solikarte
Es währte nicht lange. Die Migros liess die Initiantinnen im September wissen, dass das Konto im Zuge von Umstrukturierungen des gesamten Cumulus-Systems geschlossen werden muss. Der Termin ist auf März 2014 angesetzt.
Die Migros weiss um das öffentliche Interesse um die Solikarte. Sie machte einen Vorschlag zur Güte: Die Solikarte soll ins offizielle Cumulus-Spendenprogramm aufgenommen werden. Die Spender müssen dann aber ihre eigene Cumulus-Karte bestellen und ihre Einkaufsdaten preisgeben. «Die vorgeschlagene Lösung der Migros widerspricht dem Geist der Solikarte, da die Einfachheit des Spendensystems verloren geht», erklärt Dubach.
Wollen die Initiantinnen, dass ihre Solikarte weiterbesteht, läuft es also auf einen Kompromiss mit der Migros hinaus. Dieser Kompromiss dürfte jedoch gleichzeitg der Todesstoss der Solikarte sein, denn er vernichtet ihr Erfolgsrezept: einfaches und anonymes Spenden.
Ihren Ärger über die Entwicklungen tun die Initiantinnen mittlerweile auch auf twitter Kund:
Mit aller Deutlichkeit: @migros ist so versessen auf die Kundendaten, dass sie ein ausgezeichnet funktionierendes Spendenprogramm absägt.
— Solikarte (@Solikarte) 10. Dezember 2013