Die Mehrheit der Milchbauern in der Schweiz beurteilt ihr Einkommen und die eigene wirtschaftliche Lage als unbefriedigend. Das zeigt eine von Isopublic durchgeführte Umfrage im Auftrag von BIG-M in der Deutsch- und der Westschweiz.
Der Milchpreis sei im Zuge des Käsefreihandels und der Aufhebung der Milchkontingentierung von Fr. 1.07 auf noch 57 Rappen gesunken, schrieb die Milchmarkt-Interessengruppe BIG-M in ihrer Mitteilung vom Dienstag. Die gestiegenen Direktzahlungen hätten den Verlust nicht kompensiert.
Über 80 Prozent der im Frühling befragten 1000 Bauern beurteilte die wirtschaftliche Lage ihrer Produktion als nicht befriedigend. Etwa jeder fünfte Betrieb in der Deutschschweiz und 15 Prozent der Betriebe in der Romandie wollen ihre Produktion erhöhen.
Knapp 70 Prozent gehen von einer unveränderten Milchmenge aus und jeder achte Betrieb erwartet eine Reduktion der Milchmenge.
Jüngere Milchbauern wollen die Milchmenge eher steigern als ältere. Auch sind Betriebe, die vor allem auf Milchvieh setzen, eher an einer Erhöhung interessiert als Bauern mit anderen Betriebsschwerpunkten. Mit mehr Milch wird vor allem im westlichen und im östlichen Mittelland gerechnet.
«Sehr schlechtes Einkommen»
Ihr Einkommen beurteilen die Befragten sehr schlecht: Fast zwei Drittel von ihnen (59 Prozent) sind sehr unzufrieden. 83 Prozent zeigten sich eher nicht zufrieden oder unzufrieden mit ihrem Einkommen. Lediglich 7 Prozent sind sehr zufrieden.
Jüngere Bauern äusserten sich zufriedener als ältere, und Verantwortliche für grössere Betriebe stuften die Lage besser ein als Vertreter von kleineren Höfen. Rund jeder vierte befragte Betriebsleiter erwartet, dass sich die Situation verbessern wird.
38 Prozent denken, dass es zu keiner Veränderung kommen wird, und fast jeder dritte (31 Prozent) rechnet mit einer weiteren Verschlechterung.
Milchmengen-Steuerung als Ausweg
Als Ausweg aus der Situation sehen die Befragten eine Steuerung der Milchmengen – knapp jeder zweite Befragte würde eine solche Steuerung aktiv unterstützen. Zugetraut würde die Regulierung am ehesten dem Verband der Schweizer Milchproduzenten (SMP).
Das eidgenössische Parlament wies die Verantwortung für den Milchmarkt der Branche zu. Das entschieden die Räte im vergangenen März bei der Beratung der Agrarpolitik 2014 bis 2017. Die Milchkontingentierung wurde am 1. Mai 2009 abgeschafft.
Sorgen macht BIG-M auch das Alter der aktiven Milchbauern. Nur 8 Prozent von ihnen seien unter 35 Jahre alt, schrieb die Organisation: «Das ist alarmierend, denn wenn junge Leute diesem Beruf den Rücken kehren, wird sich die Milchproduktion aus der Schweiz verabschieden.»
In 48 Prozent der Betriebe sind die Leiter zwischen 36 und 50 Jahre alt, in 44 Prozent über 50 Jahre alt. Leiter grösserer Betriebe sind im Mittel jünger als jene von kleineren Höfen.
Laut der Umfrage sind sich vier von zehn Befragten «ziemlich sicher», dass auf ihrem Hof bis in zehn Jahren keine Kühe mehr gemolken werden. Ältere Bauern sind häufiger dieser Ansicht als jüngere. Für jeden vierten Betrieb, dessen Leiter über 50 Jahre alt ist, ist die Nachfolge noch nicht geregelt.