Milchproduzenten warnen erneut vor Marktöffnung mit der EU

Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) bringen sich gegen eine mögliche Öffnung des Milchmarktes gegenüber der Europäischen Union in Stellung. Aus ihrer Sicht unterschätzt der Bundesrat die grossen Risiken einer Marktöffnung.

Milchkannen vor einer Milch-Abladestelle in Hirzel, Kanton Zürich (Bild: sda)

Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) bringen sich gegen eine mögliche Öffnung des Milchmarktes gegenüber der Europäischen Union in Stellung. Aus ihrer Sicht unterschätzt der Bundesrat die grossen Risiken einer Marktöffnung.

«Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem Bauern nicht mehr rentabel produzieren können», warnte Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV), vor den Medien. Der CVP-Nationalrat sieht mit der Milchwirtschaft das «Flaggschiff» der Landwirtschaft gefährdet.

«Eine Marktöffnung würde die Schweiz vollständig den europäischen Marktkräften aussetzen», befürchtet auch SVP-Nationalrat Andreas Aebi, der als Präsident der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter amtet.

Risiken unterschätzt

Die Offensive der Branche kommt nicht von ungefähr. Mitte Mai hatte der Bundesrat im Auftrag des Parlaments einen Bericht zur möglichen Marktöffnung vorgestellt. Darin untersucht er die Konsequenzen für die Schweizer Landwirtschaft, wenn der Markt für alle Milchprodukte gegenüber der EU geöffnet würde.

Bei einer Öffnung wären laut dem Bericht zusätzliche Subventionen in der Höhe von 100 bis 150 Millionen Franken pro Jahr nötig. Nur so könnten die Landwirte ihre Einkommen halten.

Die Preisannahmen des Bundesrats seien optimistisch bis unrealistisch, sagte SMP-Präsident Hanspeter Kern vor den Medien. Der Verband schätzt die notwendigen Subventionen auf 260 Millionen Franken. Die Risiken für die Landwirtschaft würden von der Landesregierung unterschätzt, sagte Kern.

Abwanderung droht

Als Beleg diente dem Verband eine wissenschaftliche Studie, die er am Freitag präsentierte. Diese hat die Annahmen, die den Modellen des Bundesrates zugrunde liegen, mit Hilfe von Fallstudien genauer unter die Lupe genommen.

Die Studie schätzt die Konsequenzen einer allfälligen Marktöffnung anders ein. Gemäss der Untersuchung der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) ist die Gefahr gross, dass viele Bauern in andere, weiterhin geschützte Landwirtschaftszweige abwandern würden.

Die im Inland produzierte Milchmenge könnte stärker sinken als vom Bundesrat angenommen, schreiben die Autoren. Es sei denkbar, dass der Schweizer Bedarf an Milch und Milchprodukten nicht mehr vollständig mit inländischen Produkten gedeckt werden könnte.

Diskussionsgrundlage

SBV-Präsident Ritter sieht die neue Studie auch als Beitrag, um bei künftigen politischen Diskussion «auf Augenhöhe» diskutieren zu können. «Auf dieser Grundlage wird es auch möglich sein, fundierte Aussage über eine allfällige Marktöffnung zu machen.»

Geht es nach den Nationalräten Ritter und Aebi, sollen die Berichte als nächstes auf die Traktandenliste der Wirtschaftskommission beider Räte gesetzt werden.

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