Minderjährige Asylsuchende möchten bei Familien wohnen

Minderjährige, die ohne ihre Eltern in die Schweiz geflüchtet sind, möchten zusammen mit Gleichaltrigen oder bei Familien wohnen. Für viele von ihnen ist das Leben im Heim belastend.

Flüchtlingskinder in einem Heim für Asylbewerber (Archiv) (Bild: sda)

Minderjährige, die ohne ihre Eltern in die Schweiz geflüchtet sind, möchten zusammen mit Gleichaltrigen oder bei Familien wohnen. Für viele von ihnen ist das Leben im Heim belastend.

Eine Gruppe von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden hat dieses Anliegen dem Staatssekretariat für Migration (SEM) vorgetragen.

Das Treffen habe die Arbeitsgemeinschaft für Jugendverbände (SAJV) initiiert, sagte SEM-Sprecherin Gaby Szöllösy und bestätigte einen Bericht von «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche». Es habe sich um ein Folgetreffen zur Charta gehandelt, die die Gruppe dem SEM im Herbst vorgelegt habe. Erstellt worden war die Charta zusammen mit der SAJV.

Manchmal schwierig und belastend

Die Charta erinnert an die unterschiedliche Wohnsituation der minderjährigen und ohne erwachsene Begleiter eingereisten Asylsuchenden. Einige lebten in für sie eingerichteten Heimen, andere aber zusammen mit Erwachsenen im selben Heim oder sogar Zimmer. Manchmal sei diese Wohnsituation schwierig und belastend.

Die Jugendlichen möchten mit Gleichaltrigen zusammenwohnen, um laut Charta «Komplikationen mit Erwachsenen zu vermeiden und mehr Ruhe zu haben». Die Jugendlichen schlagen unter anderem die Unterbringung in Schweizer Familien vor, «um die Sprache schneller zu lernen und die Kultur besser kennen und verstehen zu lernen.»

Am Treffen vertreten war auch die Schweizerische Konferenz der Sozialdirektoren (SODK), denn für Unterbringung, Ausbildung und Betreuung minderjähriger Asylsuchender sind die Kantone zuständig. Um eine gewisse Vereinheitlichung zu erreichen, plant die SODK nach Angaben des SEM, eine Empfehlung für die Kantone zu erarbeiten.

SODK will Inputs prüfen

SODK-Generalsekretärin Margrith Hanselmann habe sich bereit erklärt, die Inputs der Jugendlichen zu prüfen, schrieb das SEM. Auch das SEM selbst nahm Anliegen entgegen. Eines davon ist, dass Jugendliche, die Kenntnisse einer Landessprache haben, einer Region zugeteilt werden, in dem diese Sprache gesprochen wird.

Gesprochen wurden nach Angaben des SEM am Treffen aber nicht nur über die Wohnsituation der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA), sondern auch über Ausbildung und Betreuung: Ersuchen allein eingereiste Minderjährige um Asyl, muss ihnen der zuständige Kanton eine Vertrauensperson zuweisen.

Für Beratung offen sein

Mit der Unterbringung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen befasst sich auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH). «Es tönt, als wäre man bereit, auf das Projekt einzusteigen,» sagte SFH-Sprecher Stefan Frey zu Gesprächen mit einzelnen Kantonen. Noch geklärt werden müsse aber, welche Stelle in den Kantone es jeweils übernehme, junge Flüchtlinge in einer Familie zu platzieren.

Die Flüchtlingshilfe hat gute Erfahrungen mit ihrem Projekt gemacht, Flüchtlinge bei Privatpersonen unterzubringen. Einige Platzierungen seien inzwischen erfolgt, sagte Frey. Andere seien in Vorbereitung.

Einige der Interessierten, die Flüchtlinge bei sich wohnen lassen wollten, hätten selber Kinder und wollten Gleichaltrige aufnehmen oder sie hätten Erfahrungen mit Pflegekindern. Wer Flüchtlingskinder und -jugendliche aufnehmen wolle, müsse offen sein für Beratung und Begleitung. Manche dieser Kinder seien schwer traumatisiert.

Mehr minderjährige Asylsuchende

Gemäss Zahlen des SEM baten 2014 knapp 800 unbegleitete Minderjährige in der Schweiz um Asyl. Die weitaus meisten von ihnen stammten aus Eritrea. Ungefähr vier von fünf minderjährigen Asylsuchenden sind männlich.

Der Anteil der minderjährigen Asylsuchenden hat zugenommen: Wurden 2012 noch 1,7 Prozent aller 28’631 Gesuche von Minderjährigen ohne Begleitung eingereicht, waren es im vergangenen Jahr 3 Prozent aller Gesuche – und das bei einer tieferen Gesamtzahl von 23’765 Asylgesuchen.

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