Missbräuche bei Mieten in Bern werden unter die Lupe genommen

Die Berner Stadtregierung will wissen, wie es zu den vielen Missbräuchen bei der Vermietung von verbilligten, städtischen Wohnungen kommen konnte. Der Gemeinderat hat am Mittwoch beschlossen, eine externe Untersuchung einzuleiten.

Der städtische Finanzdirektor Alexandre Schmidt (Archiv) (Bild: sda)

Die Berner Stadtregierung will wissen, wie es zu den vielen Missbräuchen bei der Vermietung von verbilligten, städtischen Wohnungen kommen konnte. Der Gemeinderat hat am Mittwoch beschlossen, eine externe Untersuchung einzuleiten.

Die Untersuchung soll zeigen, wie es zu den gravierenden Missständen kam. Zudem erhofft sich die Stadtregierung erste Empfehlungen, wie die Kontrollen verbessert und die Missbräuche effizienter bekämpft werden können. Wer mit der Untersuchung betraut wird, ist noch offen.

Das Berner Stadtparlament wird voraussichtlich am Donnerstag über die Missbrauchsfälle diskutieren. Ein entsprechender Antrag liegt jedenfalls vor. Die für die Vermietung der Wohnungen zuständige Betriebskommission des Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik will sich am Freitag mit dem Thema auseinandersetzen.

Mehrheitlich gar keine Bedürftigen

Am Wochenende hatte die Zeitung «Schweiz am Sonntag » publik gemacht, dass in der Stadt Bern offenbar mehr als die Hälfte der 560 subventionierten Wohnungen gar nicht an Bedürftige vermietet sind. 237 Mietparteien erhalten deshalb die Kündigung.

Der städtische Finanzdirektor Alexandre Schmidt (FDP) betonte am Montag, es gebe keine Hinweise, dass die Wohnungen ursprünglich an Nichtbedürftige vermietet worden wären. Doch wer einmal bedürftig sei, müsse das nicht ein Leben lang bleiben. Und genau diesen Aspekt habe man in den vergangenen Jahren zu wenig kontrolliert.

Verantwortlich dafür seien «ganze Generationen von Politikern und Verwaltungsangestellten», sagte Schmidt am Montag. Es wäre falsch, nun jemandem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Schmidt selber ist erst seit etwa einem Jahr im Amt.

Die Stadt Bern engagiert sich seit rund zwei Jahrzehnten für subventionierte Wohnungen. 2011 führte sie ein neues System ein. Damals wurde auch eine Überprüfung der aktuellen Mietverhältnisse angekündigt. Die Resultate dieser Überprüfung gelangten nun durch eine Indiskretion an die Presse.

Inakzeptables Ergebnis

Die Berner Stadtregierung nahm am Mittwoch die Resultate «mit Befremden» zur Kenntnis, wie sie in einer Mitteilung schreibt. «Es ist inakzeptabel, dass mehr als die Hälfte der vergünstigten Wohnungen über Jahre hinweg an Personen vermietet waren, die aufgrund der geltenden Kriterien keinen Anspruch darauf haben.»

Die zuständige städtische Direktion soll nun Vorschläge machen, wie die unrechtmässig belegten Wohnungen möglichst rasch wieder Bedürftigen zugeführt werden können und wie allenfalls Rückforderungsansprüche durchzusetzen sind.

Die Stadt engagiert sich pro Jahr mit rund 1,3 Mio. Franken für subventionierte Wohnungen. Etwa 700’000 Franken pro Jahr gingen an Personen, die keinen Anspruch darauf hatten.

Unschöne Ausreisser

In vielen Fällen haben sich die Einkommensverhältnisse der Bewohner über die Jahre verbessert, so dass sie letztlich die Kriterien für eine Sozialwohnung nicht mehr erfüllten. In anderen Fällen leben beispielsweise verwitwete Personen in zu grossen Wohnungen.

Ziel und Zweck der verbilligten Wohnungen ist, dass Personen mit bescheidenen finanziellen Mitteln in der Stadt Bern leben können und nicht zunehmend in die Peripherie abgedrängt werden.

Doch der in der «Schweiz am Sonntag» veröffentlichte Bericht zeigt auch besonders stossende Ausreisser. So leben offenbar zwei Millionäre in verbilligten Wohnungen. 25 Personen sind gar nicht erst in Bern angemeldet.

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