Mit allen Mitteln für fünf Parkplätze

Falschinformationen und Druckversuche – die SVP kämpft mit fragwürdigen Methoden gegen die Neugestaltung des Riehener Dorfkerns.

Nicht ohne meine Parkplätze: Eduard Rutschmann von der SVP kämpft unzimperlich gegen die Neugestaltung des Riehener Dorfkerns. (Bild: Oliver Hochstrasser)

In Riehen wird am 13. April über die Gestaltung des Dorfkerns entschieden. Die SVP hat gegen das Vorhaben das Referendum ergriffen, weil sie den Abbau von Parkplätzen befürchtet. Im Abstimmungskampf schreckt sie auch vor Falschinformationen nicht zurück.

Das Dorfzentrum von Riehen ist in die Jahre gekommen. Seit 40 Jahren wurde nicht mehr saniert, der Vorplatz des Gemeindehauses wirkt etwas schmuddelig. Weil irgendwann eine neue Buslinie durchs Dorf gezogen wurde, hält der Bus jetzt im Dorfzentrum. Irgendwo, halb auf einem Platz, der kein richtiger ist, halb auf einer Kreuzung. Die Situation neben dem Güggeli-Stand ist unübersichtlich, der Natursteinbelag im Webergässchen hat Teer-Flicken und die Werkleitungen darunter sind sanierungsbedürftig.

Für die Verantwortlichen der Gemeinde Grund und Gelegenheit genug, das Dorf aufzuwerten. Die Trottoirkante soll abgesenkt werden, das Tempo im Dorfkern von 30 km/h auf 20 km/h verringert werden und die Bäume sollen neu eingefasst werden.

Die Anzahl Parkplätze darf nicht sinken

Von den 350’000 Leuten, die jedes Jahr die nahe Fondation Beyeler besuchen, erhoffen sich die Kaffees in der Fussgängerzone einige Gäste, die durch das neu gestaltete Dorf schlendern, dort einkaufen. Deshalb können sogar die Dorfgeschäfte mit einer zeitweiligen Baustelle vor dem Eingang leben.

«Wir begrüssen die Aufwertung», sagt Andreas Cenci. Er ist Co-Präsident der Vereinigung der Riehener Dorfgeschäfte. In einem Schreiben an den Einwohnerrat hat diese dem Projekt ihre Unterstützung zugesichert. Einzige Bedingung: Die Anzahl Parkplätze darf nicht sinken. Diese seien wichtig für die einkaufende Bevölkerung.

«Die Pläne sind gar nicht umsetzbar. Es verschwinden mindestens fünf Parkplätze.»

Eduard Rutschmann, SVP

Das Zentrum von Riehen ist mit seinen Läden auch ein Versorgungszentrum. Die Planer nahmen das Anliegen auf. Im vorgelegten Entwurf sind exakt gleich viele Parkplätze vorgesehen, wie aktuell vorhanden sind. Daniel Albietz (CVP), Gemeinderat für die Siedlungsentwicklung, und Sebastian Olloz, der Ortsplaner, sahen gute Chancen für die Aufwertung. Dann ergriff die SVP das Referendum. Die Begründung: «Die Pläne sind gar nicht umsetzbar. Es verschwinden mindestens fünf Parkplätze», so Eduard Rutschmann. Die Gemeinde sage nicht ganz die Wahrheit.

Das Wort «Lügen» will er zwar nicht in den Mund nehmen, es sei ein zu starker Ausdruck. «Aber bei objektiver Betrachtung ist es gar nicht möglich, dass die Parkplätze ausgangs Schmiedgasse bestehen bleiben.» Die SVP habe deshalb eine eigene Umfrage bei den Dorfgeschäften gemacht. Dabei hätte sich deutlicher Widerstand gegen das Projekt gezeigt. Zudem seien die Kosten zu hoch, und der Dorfcharakter gehe verloren. Auch gehe es nicht an, dass immer nur der nördliche Teil von Riehen von den Investitionen profitiere, so Rutschmann.

Referendum wegen 30 Meter Strasse

«Das ist Quatsch», sagt Gemeinderat Daniel Albietz. «Die Vorlage hält allen Kritikpunkten der Gegner stand.» Und Ortsplaner Sebastian Olloz ergänzt: «Die Mindestbreite der Strasse ist jederzeit eingehalten.» Die Parkplätze, um welche die SVP fürchtet, kämen am Ende der Schmiedgasse zu liegen – und würden nicht entfernt. Heute befindet sich an dieser Stelle, auf einer Länge von knapp 30 Metern unmittelbar vor der Ampel, die Spur für die Rechtsabbieger in Richtung Lörrach. Diese Spur soll einer Verbreiterung des Trottoirs weichen, Rechtsabbiegen wird aber auch in Zukunft möglich sein.

Albietz betont es bei jeder Gelegenheit: «Alle Parkplätze bleiben erhalten.» Und auch weitere Fahrverbote würden keine dazukommen, das Verkehrsregime werde beibehalten. Warum also sollten sich die Dorfgeschäfte, wie von der SVP behauptet, plötzlich doch gegen die Neugestaltung des Dorfkerns aussprechen? Andreas Cenci erklärt, es sei verständlich, dass die angefragten Ladenbesitzer eine Unterstützung des Projekts verneint hätten. Und zwar aufgrund der Falschaussage, dass beim Projekt Parkplätze verschwinden würden. Von einer Ablehnung der Umgestaltung könne bei den Riehener Dorfgeschäften aber keine Rede sein.

Fussgängerzone nach der Abstimmung?

In den Abstimmungsunterlagen und auf Plakaten behauptet die SVP, es würde zu Fahrverboten kommen und die Aufhebung des Parkplatzes vor dem Gemeindehaus sei der nächste Schritt. Tatsächlich wird das in Riehen derzeit geprüft. Anstelle des Gemeindeparkplatzes sei ein unterirdisches Parkhaus angedacht, so Albietz: «Damit könnte auch eine Fussgängerzone im Dorfkern realisiert werden.» Die Gemeinde kommuniziert dies öffentlich. Aber: «Die Fussgängerzone ist keinesfalls zwingend», so Albietz. Zudem müsse sie zuerst politisch beschlossen werden.

SVP-Fraktionschef Karl Schweizer sagt dazu nur: «Das kommt dann, wie das Amen in der Kirche.» Zumal sich Autoverkehr und Fussgängerzone «irgendwie ausschliesst». Die Einrichtung einer Fussgängerzone mit Fahrverbot und damit verbunden das Wegfallen der Parkplätze in der Schmiedgasse hätte beim Riehener Dorfgewerbe wohl tatsächlich wenig Chancen auf Unterstützung. Darüber hat das Stimmvolk derzeit aber gar nicht zu befinden.



Es könnte so idyllisch sein: Am 13. April entscheiden die Riehener über eine Aufwertung des Dorfzentrums.

Es könnte so idyllisch sein: Am 13. April entscheiden die Riehener über eine Aufwertung des Dorfzentrums. (Bild: Oliver Hochstrasser)

Wahlkampf-Kumpel kämpft jetzt allein

SVP-Einwohnerrat Eduard Rutschmann hat zusammen mit Daniel Albietz für den Riehener Gemeinderat kandidiert. Sie hatten gemeinsame Auftritte, auf der Homepage von Albietz ist nach wie vor ein gemeinsames Foto zu sehen. «Bürgerliche Allianz», steht da. Albietz politisiert zwar nicht in derselben Partei wie Rutschmann. «Aber ich fahre selber auch sehr gerne Auto», sagt Albietz. Er wurde im ersten Wahlgang in den Riehener Gemeinderat gewählt. Rutschmann blieb auch im zweiten aussen vor. Er kandidiert jetzt für den freigewordenen Sitz von Carlo Conti (CVP) im Regierungsrat – und führt seinen Wahlkampf weiter.

Das Referendum zum Riehener Dorfzentrum kommt ihm da gerade recht. Auf die Frage, ob er das Referendum auch zu Wahlkampfzwecken nutze, reagiert Rutschmann brüskiert: «Ich habe doch selber einen Antrag gestellt, dass die Abstimmung zum Dorfzentrum erst nach dem Wahlkampf stattfindet. Dieser wurde leider abgelehnt.» Er habe mit diesem Antrag erreichen wollen, dass die Abstimmung über die Dorfsanierung nach der Zusprechung des Parkhauskredits erfolgt.

Falschinformation funktioniert

Dennoch scheint die Falschinformation zur Parkplatzaufhebung zu funktionieren. Doch damit nicht genug: Einzelne Geschäftsinhaber sollen sogar davor gewarnt worden sein, sich für die Neugestaltung des Dorfkerns einzusetzen. Dies könne sich negativ auf das Geschäft auswirken. Offen will diesen Vorwurf niemand aussprechen, hinter vorgehaltener Hand formulieren ihn aber gleich mehrere von der Neugestaltung Betroffene.

Auch die Bevölkerung ist verunsichert. Daniel Albietz und Ortsplaner Sebastian Olloz sehen die Umgestaltung ernsthaft in Gefahr. Rutschmann seinerseits darf sich nicht beklagen, wenn manch einer seinen Abstimmungskampf hinter vorgehaltener Hand «verlogen» nennt.

Alt und neu: Rechts die geplante Veränderung in Riehen.

Alt und neu: Rechts die geplante Veränderung in Riehen.

Die halbe 3,3-Mio-Frage Die Neugestaltung des Dorfzentrums soll 3.3 Mio. Franken kosten. Zuviel, sagen die Gegner. Die Befürworter führen ins Feld, dass bis spätestens 2018 sowieso 1.8 Mio. Franken für die Sanierung der Werkleitungen fällig seien. Die Aufwertung veranschlagen sie deshalb mit 1.5 Mio. Franken, was im Vergleich mit anderen Projekten in der Agglomeration Basel wenig sei. Auch diese Kosten seien noch zu hoch, da die Sanierung nicht notwendig sei, lassen die Gegner verlauten. mst

Nächster Artikel