«Mitternachtstango»

Wer hat’s erfunden. Nach Ricola soll finnischer Erfindergeist auch für den Tango verantwortlich sein. Sagt Aki Kaurismäki. Viviane Blumenschein prüft es nach. Die Finnnen! Behauptet jedenfalls Aki Kaurismäki gleich zu Anfang. Ja, er geht in dem Dokumentar-Film «Mitternachtstango» von Viviane Blumenschein noch weiter. Auch die Erfindung des Walzers durch die Österreicher sei der österreichischen Gabe zu […]

Wer hat's erfunden?

Wer hat’s erfunden. Nach Ricola soll finnischer Erfindergeist auch für den Tango verantwortlich sein. Sagt Aki Kaurismäki. Viviane Blumenschein prüft es nach.

Die Finnnen!

Behauptet jedenfalls Aki Kaurismäki gleich zu Anfang. Ja, er geht in dem Dokumentar-Film «Mitternachtstango» von Viviane Blumenschein noch weiter. Auch die Erfindung des Walzers durch die Österreicher sei der österreichischen Gabe zu Legendbildungen zu verdanken.

Wenn der berühmteste Filmemacher Finnlands so eine These in die Welt setzt, dann lässt sich das möglicherweise im berühmtesten Tango-Land der Welt beweisen. Also macht sich Blumenschein auf die Reise in das andere Land, das von sich behauptet, den Tango erfunden zu haben. In  Buenos Aires  ist man sich einig: Wer ist dieser Kauri Schmeki?

Dass die Finnen das Mobiltelefon erfunden haben, will man da noch gelten lassen. Dass sie vor der Erfindung des Mobiltelefons aber so wenig gesprochen haben, dass sie den Tango einfach erfinden mussten, will so kein Argentinier schlucken. Auch der Tango-Entertainer M. A. Numminen in seinem Hasenkostüm wird von den Argentiniern nur belächelt.

Die Orchester-Probe aufs Exempel

Blumenschein findet aber dennoch drei Tangueros, die nach Finnland fahren wollen, um der Sache musikalisch nachzugehen. Man will im Geburtsland des Tangos eine derartige Ungeheuerlichkeit dann doch nicht so auf sich sitzen lassen.

Bald tuckert das Trio in einem klapprigen Kleinwagen durch das Land der Seen, Inseln und schweigsamen Menschen im Norden. Der Gitarrist Diego „Dipi“ Kvitko will seinen Nationalstolz verteidigen. Sein Band-Kollege Pablo Greco muss aber bald erfahren, dass schon 1850 finnische Hirten die ersten Tango-Melodien geheult haben sollen, um in der Einsamkeit die Wölfe zu vertreiben. Die drei verlieren kurzfristig die Orientierung, und verfahren sich im Wald.

Als Rettung naht – in Form einer mobilen Ein-Mann-Sauna – und, als der Schnaps fliesst, fangen sie fast schon an, sich damit abzufinden, dass Seefahrer von der Westküste Finnlands den Tango über Uruguay bis nach Argentinien gebracht haben könnten.

Tango-Musik ist eine Extremform der Stille

Natürlich bleibt der Tango zum Schluss argentinisch. Aber dennoch finden die drei Musiker eine der lebendigsten Tango-Kulturen der Welt – in Finnland. Wo sich im Großraum Buenos Aires – laut Dipi „eine dreckige Stadt, in der es schöne Musik gibt“ Tausende im Tangorhythmus über Tanzböden schieben, tut es in Finnland ein ganzes 5 Millionen-Volk: Kein Wunder. Passt doch der melancholische, traurig-schöne Tango viel besser in die Weite Finnlands – als eine Extremform der Stille.

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