Der chinesische Literaturnobelpreisträger Mo Yan hat die Kritik an seiner politischen Rolle in China als „Dreckwasser“ und „Steinewerfen“ bezeichnet. Der Gegenstand der Debatte habe mit ihm als Person „so gut wie nichts zu tun“, sagte er am Freitag in Stockholm.
Mo Yan hatte am Vortag die Zensur in seiner Heimat mit lästigen, aber unumgänglichen Sicherheitskontrollen an Flughäfen verglichen. Diese Äusserungen lösten Empörung aus. Unter anderem chinesische Kritiker werfen dem 57-Jährigen unkritische Anpassung an die Machthaber in China vor.
Dazu sagte der Schriftsteller bei der traditionellen Nobelvorlesung drei Tage vor Entgegennahme der Auszeichnung gemäss Redetext: „Ich fühle mich wie ein Theaterbesucher, der dem Treiben auf der Bühne zusieht. Ich sehe, wie ein Preisträger mit Blumen überhäuft, aber auch mit Steinen beworfen und mit Dreckwasser überschüttet wird.“
Er wische sich das „Schmutzwasser“ aber gelassen ab und sage zum Publikum: „Für einen Schriftsteller ist der beste Weg sich zu äussern das Schreiben.“ Gleichzeitig lehnte es Mo Yan ab, sich einer Initiative von 134 Nobelpreisträgern zur Freilassung des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo anzuschliessen.
Vorsichtige Aufforderung zu Zivilcourage
Als vorsichtige, indirekte Aufforderung zu mehr Zivilcourage werteten Beobachter eine von Mo Yan wiedergegebene Geschichte aus seiner Kindheit. Dabei habe er als Schüler in den 60er Jahren einen Mitschüler denunziert, der sich dem Gruppenzwang zu allseitigem „Heulen“ bei einer Ausstellung über Leiden des Volkes verweigerte.
Mo Yan sagte weiter: „Wenn alle weinen, dann sollte es einen geben, der nicht weint. Und wenn das Geheule zudem nur zur Schau gestellt ist, dann ist es umso wichtiger, dass einer sich dem Weinen verweigert.“
Preisverleihung am kommenden Montag
Den grössten Raum bei der Vorlesung nahm eine Huldigung des Nobelpreisträgers an seine Mutter mit Erzählungen aus der eigenen, bitterarmen Kindheit in einem Dorf ein.
Mo Yan berichtete auch über seinen literarischen Weg als „Geschichtenerzähler“ von ersten Versuchen während der Armeezeit über Nachahmungsversuche von grossen westlichen Vorbildern wie William Faulkner und Gabriel García Márquez bis zur späteren Besinnung auf alte chinesische Erzähltraditionen.
Mo Yan nimmt seine mit acht Millionen Kronen (1,12 Millionen Franken) dotierte Auszeichnung am Montag aus der Hand von Schwedens König Carl XVI. Gustaf zusammen mit den Preisträgern für Medizin, Physik, Chemie und Wirtschaftswissenschaft in Empfang.