Nach einem Verhandlungstag ist der Mordprozess gegen die Ehefrau des entmachteten chinesischen Politikers Bo Xilai am Donnerstag zu Ende gegangen. Wann ein Urteil folgen wird, wurde vom stellvertretenden Gerichtsdirektor zunächst nicht mitgeteilt.
Gegen Gu und die Hausangestellte wurde im Juli Anklage wegen Mordes an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood erhoben. Bei einer Verurteilung drohen Gu mehr als zehn Jahre Haft oder die Todesstrafe.
Die Gerichtsverhandlung fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Dutzende Polizisten und Sicherheitskräfte in zivil überwachten die Zugänge zum Gericht, Spezialfahrzeuge der Polizei parkten vor dem Gebäude. Internationale Medien waren zum Verfahren nicht zugelassen.
Symbol für Machtkampf
Gu ist mehr als die Frau eines abgehalfterten chinesischen Spitzenpolitikers. Die bekannte Anwältin steht auch für die Machtkämpfe in der kommunistischen Partei Chinas.
Dort wollte ihr Mann im Herbst einen der begehrten Sitze im neunköpfigen ständigen Ausschuss des Politbüros erringen und so in den innersten Machtzirkel vordringen.
Doch der Politiker aus der südwestlichen Metropole Chongqing musste seine Hoffnungen begraben, als einer seiner Vertrauten sich ins US-Konsulat absetzte und über die tödliche Vergiftung des Briten Neil Heywood im November in einem Hotelzimmer in Chongqing berichtete.
Hinter der Tat soll Gu Kailai stehen, mit der und deren Mann Bo Heywood eigentlich befreundet war. Der Brite soll sich aber mit Bos Frau und Sohn gestritten haben. Sogar von einer Bedrohung der Sicherheit des Sohnes ist die Rede.
Mordprozess und Parteikongress
Nachdem der Skandal im Februar ans Licht kam, verlor der ehrgeizige Bo alle seine politischen Ämter. Ende Juli folgte die offizielle Mordanklage gegen Gu Kailai und einen ihrer Hausangestellten, für die es laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua „unwiderlegbare und substanzielle“ Beweise gibt.
Der Mordprozess, fällt mit Beratungen der Spitze der Kommunisten im Badeort Beidahe über die künftige Parteiführung zusammen. Experten rechnen damit, dass Bo, der derzeit an einem unbekannten Ort unter Hausarrest steht, von der Justiz weitgehend verschont wird.
„Sie konzentrieren sich auf Gu Kailai, und Bo Xilai wird möglicherweise nicht hart rangenommen“, sagt Willy Lam von der Chinesischen Universität in Hongkong. Die Partei wolle vor dem Kongress im Herbst, bei dem die Führung neu besetzt wird, Einheit und Harmonie demonstrieren.
„Diese Angelegenheit wird derzeit bereinigt, die Lage müsste vor dem 18. Parteikongress wieder ruhig sein“, befindet auch der Experte Joseph Fewsmith von der Universität von Boston. „Vielleicht sind noch Verhandlungen zu führen, doch die meisten Dinge wurden bereits ausgehandelt“.
Willkommene Gelegenheit
Das Lager des ehrgeizigen und charismatischen Bo, der für einen rückwärtsgewandten linken Kurs steht, dürfte durch den Deal deutlich geschwächt werden.
Experten sehen im Sturz des einstigen Hoffnungsträgers einen Sieg des scheidenden Präsidenten Hu Jintao und des Regierungschefs Wen Jiabao, die eine Reformpolitik vertreten. Für die beiden könnte der Fall Heywood eine willkommene Gelegenheit gewesen sein, um Bo loszuwerden.
Die maoistischen Methoden des Anwalts waren einigen Funktionären ohnehin ein Dorn im Auge. So scherte sich Bo bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens wenig um ein juristisch korrektes Vorgehen und liess in Chongqing mehrere Verdächtige hinrichten.