Tragische Verwechslung eines verblendeten und bewaffneten Rassisten? Das Blutbad in einem Sikh-Tempel im US-Staat Wisconsin war womöglich rassistisch motiviert. Und: Der Attentäter – ein Ex-Soldat – hielt möglicherweise seine Opfer für Muslime.
Der Täter, der am Sonntag vor und in dem Gotteshaus in Oak Creek bei Milwaukee sechs Menschen erschoss, wurde am Montag als ehemaliger Militärangehöriger identifiziert. Der Täter war am Sonntag in einem Schusswechsel mit der Polizei getötet worden.
Der 40-jährige war ausgebildeter Fallschirmspringer und auf psychologische Kriegsführung spezialisiert, wie das Pentagon am Montag in Washington mitteilte. Demnach war er von 1992 bis 1998 in der US-Armee. Der Mann sei wegen wiederholten „Fehlverhaltens“ entlassen worden, erklärte das Verteidigungsministerium.
„Frustrierter Neonazi“
Das Rassismusforschungsinstitut Southern Poverty Law Center erklärte, beim mutmasslichen Todesschützen handele es sich um einen „frustrierten Neonazi“.
Der Ex-Soldat sei der Kopf einer „rassistischen“ Rockband namens End Apathy (Schluss mit der Apathie) gewesen, die die Überlegenheit von Weissen propagiert habe. Mit der 2005 gegründeten Gruppe sei er auf Musikfestivals aufgetreten.
Keine offizielle Angaben zum Motiv
Die Ermittler wollten sich noch nicht zum Motiv des Attentäters äussern. Die Ermittlungen führt nach Polizeiangaben aber die Bundespolizei FBI, da von einem Akt des Inlandsterrorismus ausgegangen werde.
Laut einem Sprecher der US-Behörde für Waffen, Tabak und Sprengstoff, gehen die Ermittler aber den Berichten nach, wonach der Mann ein Rassist war.
„Und wir untersuchen die Bedeutung seiner Tätowierungen. Dies sind die Bestandteile des Puzzles, die uns dabei helfen werden, die Motive für eine so schreckliche Tat zu verstehen“, sagte der Sprecher.
Nach US-Medienberichten nahm ein Tattoo auf dem Arm des Schützen Bezug auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA. Die Spekulationen, nach denen der Todesschütze seine Opfer mit Muslimen verwechselt haben könnte, stützen sich denn auch auf die „9/11“-Tätowierung.
Sikhs werden für Taliban gehalten
Zu den Todesopfern im Tempel gehört auch der Präsident der Gemeinde. Drei Menschen wurden bei der Attacke schwer verletzt, darunter ein Polizeibeamter.
Sikhs in den USA sehen sich seit den Terrorattacken von New York und Washington einer wachsenden Abneigung ausgesetzt. Eine Sikh sagte der „New York Times“, mancher halte Sikhs für Mitglieder der radikal-islamischen Taliban, weil viele von ihnen einen Turban tragen. Seit „9/11“ zählte die Sikh-Koalition in den USA mehr als 700 Zwischenfälle, die auf Islamfeindlichkeit zurückgeführt werden.
Der Sikhismus ist eine im 15. Jahrhundert in Indien entstandene monotheistische Religion. Sie hat weltweit 27 Millionen Anhänger, davon geschätzte 500’000 in den USA.
Moschee in Brand gesetzt
Knapp einen Tag nach dem Attentat vom Sonntag wurde im mittleren Westen der USA zudem eine Moschee bei einem mutmasslichen Brandanschlag zerstört. Das muslimische Gotteshaus in Joplin im Bundesstaat Missouri sei in der Nacht vollständig ausgebrannt, sagte eine Sprecherin des Sheriff-Büros am Montag.
Bereits am 4. Juli, dem US-Unabhängigkeitstag, hatte ein Unbekannter einen Brandsatz auf die Moschee geworfen. Damals war nur geringer Schaden entstanden. Gemeindemitglieder gingen am Montag von einem rassistisch oder anti-islamisch motivierten Brandanschlag aus. Seit ihrer Gründung 2007 sei die Moschee ständig Ziel von Angriffen gewesen.