Seit gut einem Jahr gilt für Freizeitkapitäne die gleiche Promillegrenze wie für Autofahrer. Neu soll die Fahrtüchtigkeit von Kapitänen auch gleich kontrolliert werden: Mit einem Hauch ins Röhrchen. Die Motorbootsportler wehren sich vehement gegen die Änderung.
Bisher ist in der Schifffahrt als sicherer Beweis immer eine Blutprobe nötig. Eine solche ist allerdings deutlich aufwändiger und teurer als ein Atemalkoholtest. Der Bundesrat hat in der Teilrevision des Binnenschifffahrtsgesetzes deshalb vorgeschlagen, den «Röhrchen-Test» als Beweis auch bei Kapitänen zuzulassen.
Der schweizerische Verband für Motorbootfahrer lehnt diese Änderung in seiner Antwort auf die diese Woche ablaufende Vernehmlassung rundweg ab. Am liebsten würde der Verband auch gleich die Einführung der Promillegrenze im Februar 2014 wieder rückgängig machen.
Denn die private Binnenschifffahrt lasse sich nicht im Geringsten mit dem Strassenverkehr vergleichen, schreibt der Verband: Auf den Gewässern stehe als Fahrbahn deutlich mehr Raum zur Verfügung, weshalb es auf Abweichungen von wenigen Metern nicht ankomme. Das Verkehrsaufkommen sei viel geringer und die Geschwindigkeit viel tiefer als bei Strassenfahrzeugen. Ergo sei auch die Unfallgefahr deutlich geringer- was auch die kleine Zahl an tatsächlichen Vorfällen zeige.
Es sei deshalb widersinnig, «für Freizeitkapitäne auf Gewässern die gleich strengen Promillegrenzen als Massstab anzuwenden wie im Strassenverkehr». Wenn schon, müsste ein deutliche höherer Grenzwert, etwa ab 1,0 Promille, gelten. Natürlich sei der Verband aber absolut dagegen, dass auf dem Wasser «über das verträgliche Mass Alkohol konsumiert wird.»
Schlauchboot nicht betroffen
Die Motorbootfahrer stehen mit ihrer Kritik an der Promillegrenze und am Atemalkoholtest allerdings ziemlich alleine da. Der Segler-Verband Swiss Sailing hat die vorgeschlagene Änderung in der Vernehmlassung stillschweigend akzeptiert. Verschiedene Parteien und der Verband Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen (VSSU) äusserten sich positiv dazu. Der Atemalkoholtest wäre, anders als die Promillegrenze, auch für Berufskapitäne eine Neuerung.
Nicht betroffen von der Gesetzesrevision sind im Übrigen «ungefährliche Schiffe» wie kleinere Schlauch- und Strandboote. Der Bundesrat will für diese Ausnahmen erlassen.
Keine umfassende Prüfung mehr
Für Kritik von verschiedenen Seiten sorgt dafür der eigentliche Kernpunkt der Gesetzesrevision, eine Änderung bei den Sicherheitskontrollen für Passagierschiffe. Diese sollen bei der Zulassung «risikoorientiert» geprüft werden.
Bisher wurden Passagierschiffe umfassend getestet, bevor sie zugelassen wurden. Neu muss der Gesuchsteller nachweisen, dass sein Schiff sicher ist. Die zuständige Behörde prüft stichprobenweise, ob die Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen.
Weil die Kontrolleure nicht sämtliche Schiffe routinemässig untersuchen müssen, haben sie mehr Zeit für Überprüfungen von kritischen Bereichen, wie der Bundesrat im erläuternden Bericht schreibt. Die Sicherheit werde dadurch verbessert.
Für die Schifffahrtsunternehmen rechnet der Bundesrat mit einmaligen Mehrkosten für den Sicherheitsnachweis. Diese würden zwischen drei und fünf Prozent der Gesamtkosten des Baus oder Umbaus eines Schiffes betragen.
Über diese «Lastenverteilung zu Ungunsten der Schifffahrtsgesellschaften» ist man bei der VSSU nicht erfreut. Bei einem grösseren Neubau koste der Sicherheitsnachweis somit zwischen 250’000 und 500’000 Franken.
Auch SP und FDP äussern sich in ihren Vernehmlassungsantworten kritisch zu den neuen Sicherheitskontrollen. Beide Parteien vermuten, der Bund könnte durch die Umkehr der Beweislast Geld einsparen.